Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen: Grödel

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Textdaten
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Autor: Klassig
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Titel: Grödel
Untertitel:
aus: Meissner Kreis, in: Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen. Band 2, Seite 85–86
Herausgeber: Gustav Adolf Poenicke
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Commons = SLUB Dresden
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Grödel,


ein altschriftsässiges, ehemals mit Skassa verbundenes, seit 1709 aber wieder von demselben getrenntes Rittergut, liegt am rechten Ufer der Elbe, 4 Stunden westlich von Grossenhain, ohne Dorf, nur umgeben von einer Anzahl Häuslerwohnungen, einem Mühlhause und zwei Schiffsmühlen, die auf herrschaftlichem Grund und Boden erbaut sind und deren Bewohner sich meist von der Schiffahrt, oder von Handarbeiten bei dem nahe gelegenen Königlichen Flosshofe ernähren. Bei letzterem mündet seit 1740 der Neugraben, ein Flosskanal, in ein Bassin über der Elbe. Grödel, zu dem schriftsässig die Dörfer Lessa, Nünchritz und Zeithain gehören, besitzt Kalk- und Ziegelöfen, und eine Runkelzuckerfabrik. Von den genannten Dörfern zeichnet sich besonders Zeithain aus, denn hier war es, wo Friedrich August der Starke, der mehrfach in gespannte Verhältnisse mit Preussens König, Friedrich Wilhelm I. gerathen, zur Feier der Versöhnung mit diesem Fürsten im Jahre 1730, vom 30. Mai bis 29. Juni, jenes weltbekannte Lustlager hielt. Durch dieses Fest, welches die schöne Summe, von 968,780 Thalern kostete, wollte Sachsens Churfürst zugleich der Welt seine, nach dem schwedischen Kriege wieder hergestellte, aus 30,000 Mann bestehende Armee zeigen. Ausser dem Könige von Preussen, in dessen Begleitung sein Sohn, der nachmals so berühmt gewordene Friedrich der Grosse sich befand, nahmen noch 47 Fürsten an diesem Feste Theil. Die Uebungen der Armee, deren eine Abtheilung als Janitscharen gekleidet und bewaffnet und mit 20 Mohren zur Feldmusik versehen war, fanden auf einem von 500 Bauern und 250 Bergleuten geebneten Lagerplatze von 3 □Meilen Umfang Statt, während eine mit 550 holländisch gekleideten Matrosen bemannte kleine Flotte auf der Elbe schwamm, deren Hauptschiff, mit vergoldetem Schnitzwerk, allein mit einem Kostenaufwand von 15,000 Thalern ausgerüstet worden war! Am jenseitigen Elbufer bei Riesa, strahlte des Abends eine Illumination von mehr als einer halben Million Lampen. Besonders zeichnete sich ein Feuerwerksgerüste aus, das einen Pallast darstellte, an welchem 200 Zimmerleute mehre Monate hindurch gearbeitet hatten, und wozu 2000 Stämme Holz, 2000 Bretter und 6000 Ellen feine, bemalte Leinwand verwendet worden waren. Ein feuersprühender Wallfisch und 4 Delphine verwandelten die Elbe gleichsam in ein Feuermeer. Kurz vor Aufhebung des Lagers wurden sämmtliche Regimenter gespeist und für die churfürstliche Tafel wurde zum Desert ein Kuchen von 14 Ellen Länge, 6 Ellen Breite und 1½ Elle Höhe gebacken, der achtspännig auf einem 10 Ellen breiten Wagen herbeigeschafft wurde. Ganz Europa hallte wieder von dem bei diesem Feste entwickelten Prunke. –

Unser Grödel befindet sich gegenwärtig im Besitze des Herrn F. G. Rossberg, zugleich Erb- Lehn- und Gerichtsherrn auf Mautitz. Genannter Herr übernahm dasselbe von der Familie von Wolfersdorf, die eine lange Reihe von Jahren im Besitze dieses Rittergutes gewesen. Schon an anderer Stelle gedachten wir dieses uralten und berühmten Geschlechtes, können aber nicht umhin, hier noch einmal darauf zurückzukommen, da der Name von Wolfersdorf mit der Beschreibung von Grödel nahe zusammenhängt. Ursprünglich mag dieses Geschlecht das sich früher auch Wülfsdorf oder Wilsdorf schrieb, wohl nur in der Lausitz ansässig gewesen sein, denn dort besass es ausser Frauenberg, auch Wolfersdorf welches Gut jedenfalls der Stammsitz der Familie ist. Bald breitete es sich jedoch auch in Schlesien und Meissen aus und eine grosse Anzahl derer von Wolfersdorf stand in Diensten der Churfürsten und Herzöge von Sachsen, so der schon einmal erwähnte Ernst von W. der tapfere [86] Streiter in der Schlacht bei Merseburg wider die Hunnen (932); Wittigo, der mit Markgraf Conrad dem Frommen von Meissen wider die Saracenen zog; Wilhelm der sich um das Jahr 1445 als Chursächsischer Oberst hervorthat; Gottfried, anno 1472 Berghauptmann zu Schneeberg; George, Chursächsischer Geheimerrath, der die 1482 publicirte Landes-Ordnung mit verfasste; dessen Sohn gleiches Namens, welcher als Chursächsischer General mit etlichen Regimentern dem Könige von Frankreich zu Hülfe zog; Heinrich, der 1498 dem Herzog Albrecht von Sachsen – leider vergeblich – den unglücklichen Zug wider die rebellischen Friesländer widerrieth; Hans, der zu derselben Zeit Chursächsischer Hof-Marschall, geheimer Kammerrath und Hauptmann zu Weissenfels war, und viele Andere.

Die ordentliche Stamm-Reihe wird mit Jobst von Wolfersdorf, auf Wolfersdorf, Bornsdorf etc. ums Jahr 1520, angefangen. Dieser hatte 3 Söhne, von denen der älteste Hanns, auf Dölitz und Veste 1520 starb und einen Sohn Georg, hinterliess, der auch Gross-Godlau und Dürrenberg besass und dessen Nachfolger fast ununterbrochen ihre Kräfte dem Vaterlande widmeten, so: Gottfried von W. der 1625 als Ober-Steuer-Einnehmer und Landesältester in der Niederlausitz starb; Ulrich, chursächsischer Oberst-Lieutnant und Landes-Aeltester im Crumspreisischen Kreise; Sigmund, der 1636 die Stelle eines Chursächsischen General-Majors, Obristen zu Fuss und Commandant zu Torgau vertrat, in welchem Jahre auch ein von Wolfersdorf als Chursächsischer Ober-Schenk florirt; Reichardt von W., 1699 Königl. Polnischer und Chursächsischer wirklicher Kammer- und Bergrath, wie auch Obrist-Lieutnant von den Ritterpferden; Johann George, 1709 Obrist; Hanns Friedrich, der 1683 das Amt eines fürstlichen Haus-Marschalls zu Quedlinburg bekleidete und Sachsen-Weimarischer Hof- und Justitien-Rath, wie auch Kammer-Director und Assessor des Hofgerichts zu Jena war; Carl Ludwig, K. Poln. und Chursächs. Ober-Land-Fischmeister und Kammerherr, auch Hof- und Land-Jägermeister der sich mit einer Gräfin von Waldstein 1740 vermählte; Carl August, 1738 Major und Domherr zu Merseburg und bis auf die neueste Zeit, in die die Enkel den Ruhm der Ahnen hinübergebracht!

Das Aeussere von Grödel anlangend zeigt uns die Abbildung das ächte Bild eines Rittergutes; auf der einen Seite an die Vergangenheit erinnernd ohne jedoch dem Zahn der Zeit unterlegen zu sein, auf der andern Seite aber durch vielerlei angebrachte Verschönerungen dem Geschmacke der Gegenwart huldigend und durch seine gediegene Bauart eine weite Zukunft verkündend, die wir ihm vom Herzen wünschen wollen.

Klassig.