Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz, vorm. Rich. Hartmann

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Titel: Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz, vorm. Rich. Hartmann
Untertitel:
aus: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil, in: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild.
Herausgeber: Eckert & Pflug, Kunstverlag
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Eckert & Pflug, Kunstverlag
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Erscheinungsort: Leipzig
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Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz,
vorm. Rich. Hartmann.


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Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz,
vorm. Rich. Hartmann.

Zu dem umfangreichen Werke, welches seit dem Jahre 1870 unter der Firma Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz als Aktiengesellschaft besteht, wurde im Anfang des Jahres 1837 von Herrn Richard Hartmann mit einer Werkstatt der Grund gelegt, in welcher 3 Arbeiter Beschäftigung hatten. Während der ersten Jahre wurden vorzugsweise Reparaturen an Baumwollspinnmaschinen, später diese selbst, hergestellt und fanden mit dieser Beschäftigung nach und nach 30 Arbeiter ihr Brot. Schon 1840 erhielt das kleine Werk einen bedeutenden Aufschwung durch die Erfindung und Ausführung des Florteilers (continue) für Streich- und Tuchgarne, welche so schnellen Eingang in allen Spinnereien fand, daß Rich. Hartmann den an ihn gestellten Anforderungen bald nicht mehr zu genügen vermochte. Seit der Bau dieses Florteilers immer mehr in den Vordergrund trat, ward auch der Herstellung von Streichgarn-Spinnmaschinen ein Hauptaugenmerk zugewendet und ist das Etablissement bis auf den heutigen Tag für Streich-, Vigogne-, Abfall- und Kunstwoll-Spinnerei, sowie Tuchfabrikation das mit allen Neuerungen und Verbesserungen vorangehende geblieben, während der Bau von Baumwoll-Feinspinnereimaschinen nach und nach ganz abgestoßen worden ist. Von der ursprünglichen Continue-Vorrichtung bis zu dem die Vollendung eines vorzüglichen Mechanismus darstellenden Selfaktor mit dreifacher Spindelgeschwindigkeit sind der Name Richard Hartmann und der der Sächsischen Maschinenfabrik zu Chemnitz mit den zahlreichen Fortschritten verknüpft, vermittelst deren die gedachten Branchen den heutigen hohen Standpunkt ihrer Vervollkommnung erreicht haben. 1841 wurde die erste Dampfmaschine abgeliefert, der bald andere folgten, und bereits 1844 fanden 30 Arbeiter mit Herstellung dieser Maschinen in der damaligen Leipziger, jetzigen Hartmannstraße, Arbeit, also auf dem Grundstück, wo sich jetzt das Werk befindet. Am 7. Februar 1848 kam die erste Lokomotive „Glück auf“ an die Sächsischen Staatseisenbahnen zur Ablieferung, Ende der 1840er Jahre nahm der Webstuhlbau seinen Anfang, 1854 wurde die eigene Gießerei in Betrieb genommen, 1855 begann der Bau von Turbinen, Tangentialrädern und Mühleneinrichtungen, bald darauf die Herstellung größerer Bergwerksmaschinen, Kunstgezeuge und Bohrapparate etc. etc. und 1857 wurde der Werkzeugmaschinenbau als besondere Betriebsabteilung eingerichtet. Eine solche stetige Erweiterung der Fabrikationszweige erforderte einen Neubau nach dem andern, sowie die Anschaffung zahlreicher Hilfsmaschinen, deren Zahl 1857 bereits auf 540 gestiegen war, während die Arbeiterzahl ca. 1500 betrug.

Obgleich ein großer Brand im Juli 1860 den größten Teil der Fabrik in Trümmer legte, so gelang es der rastlosen Energie Rich. Hartmann’s doch, die Fabrik in kurzer Zeit wieder aufzubauen und sie im Jahre 1864 weiter durch ein großes Werkstattgebäude für Werkzeugmaschinenbau, 1865 durch Erweiterung der Gießerei, 1868 durch Einrichtung einer besonderen Abteilung für Modelltischlerei u. s. w., sowie durch den Bau einer geräumigen Montirwerkstatt für Lokomotiven zu vergrößern, sodaß das Werk in genanntem Jahre ca. 170 Beamte und 2700 Arbeiter zählte.

Im Jahre 1870 ging das Etablissement in die Hände der Aktiengesellschaft „Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz“ mit 7 500 000 M. Kapital über und wurde weiter bedeutend vergrößert durch eine Kesselschmiede 1872/73, eine Werkstatt für den Dampfmaschinenbau 1873/74, eine solche für den Webstuhlbau 1882, eine Kupferschmiede und Metallgießerei 1888, eine besondere Werkstatt für den Bau schwerer Webstühle 1888/89, Erweiterung der Schmiede, des Dampfmaschinenbaues und eine neue Werkstatt für den Bau von Eis- und Kühlmaschinen 1889, welcher letztere Betriebszweig 1886 eingeführt worden ist. Die Gießerei genügte schon lange nicht mehr und wurden deshalb ein Grundstück käuflich erworben und ein anderes erpachtet, um zwei Filial-Gießereien darauf zu errichten, aber trotz alledem mußte auch 1887 zur Erweiterung der Hauptgießerei [Ξ] geschritten werden. Von seit Bestehen der Aktiengesellschaft neu errichteten kleineren Gebäuden sind zu erwähnen eine Schleiferei, eine Schmirgelei, eine Putzerei, ein größeres Modellhaus u. s. w.

Auch die Stallungen für die im Betriebe beschäftigten 30 Pferde und die Wagenremisen mußten nach und nach wesentliche Erweiterungen erfahren. Das betreffende Grundstück, ebenfalls an der Hartmannstraße unmittelbar neben dem Hauptetablissement gelegen, bedeckt eine Fläche von ca. 4500 Quadratmetern.

So besteht das Etablissement z. Z. aus drei in Chemnitz gelegenen eigenen Grundstücken mit einem Gesamtflächeninhalt von ca. 120 000 Quadratmetern, welche mit 78 Gebäuden und 14 hohen Schornsteinen bebaut sind, sowie einem erpachteten Grundstück mit Gießerei. 1889, bez. 1890 sind in Borna und Furth, nahe bei Chemnitz, ca. 725 000 Quadratmeter Areal erworben worden in der Absicht, einzelne Hilfsbetriebszweige, welche auf den bisherigen Grundstücken eine Vergrößerung nicht mehr erfahren können, als Gießerei, Schmiede, Dampfhämmer, Dampfsägewerk u. s. w. dahin zu verlegen. Das neue Etablissement erhält Gleisanschluß an die Chemnitz-Leipziger Eisenbahn.

Das Aktienkapital wurde 1889 um 750 000 M. auf 8,250 000 M. erhöht und beschäftigt das Werk z. Z. ca. 250 Beamte und 4000 Arbeiter. Im Betriebe sind 23 Dampfkessel mit ca. 2225 Quadratmeter Heizfläche und 17 Dampfmaschinen, sowie 1 Turbine mit zusammen 830 effektiven Pferdestärken.

Der Wert der jährlich hergestellten Maschinen, Kessel u. s. w. beträgt ca. 10,000 000 M., wovon in den letzten Jahren 70% für das In- und 30% für das Ausland geliefert wurden.

Exportiert wurde hauptsächlich nach Rußland, Spanien und Portugal, Italien, England, Belgien und Holland, Frankreich, der Schweiz, Oesterreich, Schweden, Norwegen und Dänemark, nach der Türkei, nach Rumänien, Serbien und Bulgarien, sowie transatlantisch nach Japan, China, Australien, Mexico, Argentinien und Venezuela. Vollständige Arsenaleinrichtungen für Geschützbearbeitung, namentlich für Herstellung großer Schiffskanonen, für Herstellung von Artillerie-Fahrzeugen, von Geschossen und Patronen sind geliefert worden nach Bucarest (Rumänien), s’Gravenhaag (Holland), Trubia und Sevilla (Spanien), Tokio und Osaka (Japan), China etc.

Das Werk befaßt sich mit der Herstellung von: Lokomotiven und Tendern für die verschiedenen Spurweiten, Lokomobilen, Dampfmaschinen neuesten Systems für Fabrikbetrieb sowohl als für Berg- und Hüttenwerke, Dampfhämmern und Hämmern, welche von der Transmission aus durch Riemen betrieben werden, Dampfkesseln und Dampfgefäßen, Eis- und Kühlmaschinen nach System Linde, Turbinen und Wasserrädern, garantiert in der Nutzleistung, Anlagen vollständiger Walzwerke, Sägereien und Mahlmühlen, Einrichtungen von Papierfabriken, Anlagen zur Herstellung der Holzmasse auf mechanischem und chemischem Wege, Werkzeugmaschinen zur Bearbeitung des Eisens und Holzes, insbesondere für Eisenbahnwerkstätten, Arsenale und Schiffswerften, sämtlichen Maschinen für Geschütz-, Geschoß-, Gewehr-, Patronen- und Torpedofabrikation. Das Werk liefert ferner: vollständige Ausstattungen von Eisenbahnwerkstätten und Wasserstationen, Lauf- und Drehkrähne, patentierte Control-Wäge-Apparate (System Ehrhardt) zum Messen und Regulieren der Belastung der Räder und zum Wiegen von Lokomotiven, Tendern und Wagen auf den Schienen stehend, Maschinen und vollständige Einrichtungen für Streichgarn-, Kunstwoll-, Vigogne- und Baumwollabfall-Spinnereien, Zwirnmaschinen für Baumwoll-, Vigogne-, Streich- und Kammgarn-Spinnereien – Flügel- und Ringsystem – sowohl, als auch für Tuchfabrikation, insbesondere patentierte Webstühle zur Herstellung von Tuchen, Buckskins, Flanellen und Möbelstoffen, Webstühle für leichte Kammgarn-, Baumwoll- und Leinenstoffe, Seide, alle sonstigen Weberei-Vorbereitungsmaschinen, als: Kettenscheer-, Leim-, Trocken- und Aufbäummaschinen, Spulmaschinen u. s. w., Appreturmaschinen, als: Maschinen zum Trocknen von Tuchen, Buckskins, Flanellen u. s. w., patentierte Garntrockenmaschinen zum Trocknen von Strähnen aus Wolle, Baumwolle, Seide u. s. w.

[Ξ] Im Gesamten wurden zur Ablieferung gebracht:

Lokomotiven 1660 Stück,
Tender 708 Stück,
Dampfmaschinen aller Systeme und Größen 1243 Stück,
Dampfkessel 1424 Stück,
Dampf- und Transmissionspumpen 449 Stück,
Dampfhämmer 207 Stück,
Laufkrähne 167 Stück,
Eis- und Kühlmaschinen-Anlagen 65 Stück,
Turbinen 540 Stück,
Werkzeugmaschinen 5761 Stück,
Spinnmaschinen und Selfaktors 5956 Stück,
Krempeln 4799 Stück,
Wölfe 651 Stück,
Tuch- und Garntrockenmaschinen 414 Stück,
Webstühle 23961 Stück,
diverse Maschinen 11021 Stück,
Transmissionen ca. 8,820121 Ko.

im Gesamtwerte von ca. 173,000 000 M.

Die Sächsische Maschinenfabrik zu Chemnitz besitzt eine Beamten-, sowie eine Arbeiter-Unterstützungskasse, ferner eine Beamtenkrankenkasse und gehört der Allgemeinen Krankenkasse und Invaliden-Pensionskasse der Maschinenfabriken und Gießereien der Stadt Chemnitz an. Außerdem sind als Einrichtungen für Arbeiterzwecke hervorzuheben:

1) die Stiftung „Heim“, welche in einer Anzahl außerhalb der Stadt an Waldesrand errichteten Arbeiter-Wohnungen besteht, zu dem Zwecke, verheirateten Arbeitern und deren Familien gesunde und billige Wohnungen zu gewähren und welche z. Z. von 65 Familien mit 345 Personen in 36 Häusern bewohnt wird, und

2) der am 1. Mai 1889 in Benutzung genommene Arbeiter-Speisesaal, welcher mit den vorzüglichsten Einrichtungen, namentlich zum Aufwärmen mitgebrachter Speisen, versehen ist und in welchem der Arbeiter gute und billige Speisen und Getränke erhält. Der Speisesaal wird von der Arbeiterschaft selbst verwaltet und die erzielten Ueberschüsse finden zum Wohle der Arbeiter Verwendung. –

Ausgezeichnet wurde die Fabrik durch:

die große goldene Medaille Dresden 1843,
die große Medaille Berlin 1844,
die große goldene Medaille Dresden 1845,
die große goldene Medaille München 1854,
die erste Preismedaille Paris 1855,
die große goldene Medaille London 1862,
die große goldene Medaille Paris 1867,
die goldene Medaille Moskau 1872,
das große Ehrendiplom Wien 1873,
fünf goldene und vier silberne Medaillen Melbourne 1880,
die goldene Medaille Amsterdam 1883.

Der Aufsichtsrat besteht z. Z. aus:

Herrn Gust. Hartmann in Dresden, Vorsitzender,
Herrn Justizrat Ulrich in Chemnitz, stellvertr. Vorsitzender,
Herrn Commerzienrat Ed. Keller in Chemnitz,
Herrn Generalkonsul E. Rußell in Berlin,
Herrn Generalkonsul Commerzienrat Scheller in Dresden und
Herrn Spinnereibesitzer Bruno Schön in Werdau i. S.,

während der Vorstand gebildet wird von:

Herrn Ludwig Kretzschmar als Vorsitzenden,
Herrn Carl Backmann,
Herrn Ernst Reith,
Herrn Albert Lemmer und
Herrn Carl Reck.

Prokurist ist: Herr Paul Hübschmann.