San Juan de Nicaragua (Greytown) in Mittelamerika
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Wenn man sich vom caraibischen Meere der der Küste von Nicaragua nähert, so erblickt man den langgestreckten Saum eines Waldes, der sich vom Rande des Oceans in das Land verliert und stellenweise von grasbedeckten Flächen unterbrochen ist. Im Hintergrunde, mehr oder minder tief im Innern, erheben sich Hügelreiben, von Bergketten überragt, und einzelne Gipfel, deren Kegelform an die vulkanische Natur des Landes erinnert, strecken ihre Häupter gen Himmel.
Diesen Küstensaum durchbricht der Abfluß des Sees von Nicaragua, der San Juan River (vgl. Univ., XIV. Bd., S. 211). Seine Mündungsarme bilden mehre kleine Buchten, und an der nördlichsten derselben liegt die aufblühende Stadt San Juan de Nicaragua, jetzt der wichtigste Hafen auf der ganzen Ostseite von Mittel-Amerika. Im Lande selbst heißt der Ort San Juan del Norte, zum Unterschiede von San Juan del Sur,[1] einem im letzten Jahre entstandenen Hafenplatze am Stillen Ocean, an der kleinen Bai, die auch unter dem Namen La Concordia bekannt ist. Beide San Juan bilden die entgegengesetzten Endpunkte der Kommunikationslinie, welche kürzlich von der American Atlantic and Pacific Ship-Canal-Company zwischen beiden Oceanen durch Nicaragua eröffnet wurde und sich durch die Dampfschiffe nach New-York und San Francisco fortsetzt. Die Engländer, welche sich, die zukünftige Wichtigkeit dieses Landes erkennend, im Januar 1848 durch einen Handstreich in Besitz des östlichen Endpunktes setzten, haben den alten Namen San Juan de Nicaragua oder del Norte zu beseitigen und an dessen Stelle Greytown in Gebrauch zu bringen gesucht, an welchen sie den Begriff und die Rechte „einer englischen Ansiedelung“ geknüpft haben wollen. Aber obschen dieser Name der im englischen Kolonial-Amte allein gebräuchliche ist, so hat es doch nicht gelingen wollen, ihm im Lande selbst Anerkennung zu verschaffen, und er hat so wenig Aussicht auf Bestand, als die englische Okkupation selber, die ohne Zweifel bald genug vor dem gewaltigern nordamerikanischen Einflusse wird weichen müssen.
[64] So sehr die Natur das Innere von Nicaragua begünstigt hat, so würden doch diese Vorzüge allein dem Küstenpunkte San Juan nicht die Bedeutung geben können, die er seit Kurzem gewonnen hat und die mit jedem Jahre schwerer in die Wagschale der Verhältnisse fällt, welche dem Verkehr der Welt und ihrer Völker neue Bahnen bereiten. Mit der Entdeckung der Schätze Kaliforniens und der Aufnahme dieses Landes in die Union der Vereinigten Staaten ist der Strom der Kultur und Ansiedelung in andere Richtungen getreten, und durch das nicht minder wichtige und folgenreiche Auffinden der Goldfelder Australiens ist für den Verkehr der Atlantis mit den Ländern des Großen Oceans das Bedürfniß neuer Straßen entstanden. Diese Alles dominirenden neuen Verhältnisse geben Mittelamerika eine Bedeutung, welche von weiterblickenden Geographen und Politikern schon seit Jahrhunderten voraus erkannt worden ist, aber erst jetzt in die Wirklichkeit tritt, und die das höchste Interesse Aller in Anspruch nimmt, welche nicht mit indolenter Gleichgültigkeit auf das Ringen, Zerstören und Neugestalten einer Zeit schauen, die ohne Vergleich größer, gewaltiger und folgenreicher in ihrem Schaffen ist, als alle Vergangenheit. Schon ehe in den letzten Jahren die Zauberer Gold und Yankeethum das elende mexikanische Dorf San Francisco in eine prächtige Großstadt und einen Handelsplatz vom ersten Range umgewandelt hatten, waren Schifffahrt und Geschäfte der Europäer und Nordamerikaner im Stillen Meere in raschem Wachsen. Noch in den 20er Jahren tauchte der alte verschollene Plan der ersten Eroberer, den schmalen Landstreifen, welcher, einer Brücke gleich, die weiten Kontinente von Nord- und Südamerika verbindet, zu durchgraben und der Schifffahrt eine Straße aus einem Weltmeere in das andere zu eröffnen, aus der Vergessenheit auf. Er wurde eifrig besprochen und geprüft. Ein sehr warmes Interesse dafür zeigten die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Mit gutem Grunde. Die Vortheile der Ausführung des großen Gedankens mußten vorzugsweise der Union zufallen. Sie mußte weit mehr als alle andern seefahrenden Völker zusammengenommen dabei gewinnen; eine Kanalisirung des Isthmus mußte ihr Uebergewicht in der Schifffahrt und im Welthandel entscheiden. So wäre es selbst ohne die Einverleibung Kaliforniens gewesen. Aber mit diesem, in seiner Tragweite gar nicht zu ermessenden Ereignisse hat jede wesentliche Abkürzung des Wegs zwischen der Ost- und Westseite der Union einen unberechenbaren Einfluß auf die Entwickelung der großen, schon zur Weltmacht von erstem Range emporgestiegenen, Republik und ihres diktatorischen Einflusses auf die Gesammtheit der Weltverhältnisse. Die Frage der Verbindung beider Oceane ist aus einer Frage des Welthandels zugleich eine unmittelbare Frage der Weltpolitik geworden, – eine Frage nicht der Rivalität zwischen Europa und Amerika, denn diese ist schon keine Frage mehr – sondern des Uebergewichts des einen oder des andern, und zwischen ihren beiderseitigen politischen Systemen. Es ist die Frage, was gelten soll in Zukunft auf dem civilisirten Erdkreis: – ob die fürstliche Alleinherrschaft, oder die bürgerliche Selbstregierung, ob die Monarchie oder die Republik. Um die Veränderung, welche die Eröffnung eines Schiffkanals durch den Isthmus, über den Nicaragua- und [65] Managuasee in den Verhältnissen des Welthandels hervorbringen würde, zu würdigen, darf man nur allbekannte Thatsachen in’s Auge fassen. England hat für seine Schiffe um das Vorgebirge der guten Hoffnung nach Canton 15,600, nach Calcutta 13,500, nach Singapore 14,300 engl. Meilen; New-York, auf demselben Wege 17,100, 15,000 und 15,800 Meilen. Durch den projektirten Kanal dagegen würde England für dieselben Punkte 15,800, 17,400 und 16,600, New-York 12,600, 14,000 und 13,200 Meilen haben. Ist bisher England im Vortheil, so würde durch den Kanal New-York in weit größeren Vortheil kommen. England würde mit Benutzung des Kanals gegen den Weg um das Vorgebirge der guten Hoffnung nach den drei genannten Punkten 200, 3900 und 2300 Meilen mehr haben, New-York aber 4500, 1000 und 2600 Meilen weniger. Auf gleiche Weise fällt die Rechnung für den Verkehr mit Valparaiso, Callao, den jetzt so wichtigen Sandwich-Inseln und Australien gänzlich zum Vortheil der Vereinigten Staaten aus. Aber noch viel auffallender muß er uns erscheinen, wenn wir erwägen, daß der einstige Schwerpunkt für die schon fast allmächtig gewordene Republik nicht in den Großstädten der Atlantischen Küste, nicht in New-York, und würde es größer und reicher als London, sondern in San Francisco zu suchen seyn wird, dem jungen Riesen, an dessen Wiege schon jetzt alle Völker der Erde friedlich und brüderlich sich die Hände reichen, und wo man zu Gott betet in allen Sprachen und allen Kulten. Doch ganz abgesehen von diesen künftigen Dingen, in deren Gefolge die Umwandlung aller jetzt bestehenden Verhältnisse geht, ist schon die Eröffnung eines bequemern und wohlfeilern Transports nach Kalifornien, dem Eldorado, durch Mittel-Amerika eine gar folgenreiche Angelegenheit. Es ist diese Eröffnung bereits auf zwei Linien, der Linie von Panama und der Linie Nicaragua, ins Werk gesetzt, und die letztere, nämlich von San Juan del Norte nach San Juan del Sur, bietet so viele natürliche Vortheile dar, daß schon dadurch dem Lande seine Bedeutung gesichert wäre, selbst wenn man die Ausführung des Schiffkanals in dieser Richtung, oder überhaupt, nicht für wahrscheinlich hielte. Sogar nach Vollendung der Panama-Eisenbahn, die, zur größern Hälfte fertig, bis zum Herbste dieses Jahres in der ganzen Länge von Aspinwall nach Panama befahren werden wird, selbst wenn später auch der Isthmus von Tehuantepek von einer zweiten Eisenbahn durchschnitten und ein dritter, 1500 Meilen langer Schienenweg in der Richtung des großen Salzsees durch die ganze Breite von Nordamerika geführt seyn wird, könnte die Nicaragua-Wasserstraße sicher seyn, ihre welthistorische Wichtigkeit unangefochten zu behaupten. – Ein der großen Schifffahrt dienender Kanal, der beide Oceane verbindet, hat niemals einen Rivalen durch Eisenbahnen zu fürchten, und an einen zweiten Kanal in anderer Richtung ist gar nicht zu denken. Die Vorzüge der Bai von Fonseca sind unbestritten. Sie ist von der Natur selbst dazu bestimmt, der Ausgangspunkt für den Kanal zu werden, und in der Schifffahrt des Stillen Meeres wird sie einst eine Hauptrolle spielen.
[66] In diese Bai wird denn auch, dem Bauplane nach, der Nicaragua-Kanal geführt werden. In keiner andern Richtung würde er den großen Anforderungen genügen können, die an ein so außerordentliches Werk gestellt werden müssen. San Juan de Nicaragua ist sein natürlicher Ausgang auf der atlantischen Seite, in’s caraibische Meer. Diese Feststellung des Kanaltrakts erforderte eine mehrjährige und schwierige Prüfung. Nicht weniger als fünf Punkte waren, seit die Spanier sich von dem Zusammenhange von Nord- und Südamerika überzeugt haben, für die Verbindung beider Weltmeere vorgeschlagen worden; nämlich: – der Isthmus von Tehuantepek im südlichen Mexico, der Isthmus von Nicaragua, der Isthmus von Panama, der Isthmus von Darien oder Cupica, und der Isthmus des Rio Atrato. Diese letzte Linie liegt schon in Südamerika. Sie kann, obschon in neuester Zeit sehr warm empfohlen, mit der von Nicaragua niemals rivalisiren. Noch weniger ist dies bei dem Isthmus von Darien der Fall. Den Isthmus von Panama zu durchbrechen fällt jetzt keinem mit der topographischen Natur dieses Punktes bekannten Menschen mehr ein, und der Unternehmungsgeist wird schon hinlänglich versucht durch die Schwierigkeiten, welche der Bau der Eisenbahn bei der Uebersteigung der Wasserscheide auf der Strecke von Gorgona nach Panama gegenwärtig findet. Eben so wenig kann von einem Schiffskanal über den Isthmus von Tehuantepek die Rede seyn, seitdem dessen Terrain genauer bekannt ist. So bleibt der Isthmus von Nicaragua der einzige Punkt, wo die Ausführbarkeit eines solchen Werkes außer Zweifel steht.
Von der Ostseite kann man zu diesem Isthmus auf keinem anderen Weg als auf dem Rio de San Juan, dem Abflusse des Sees von Nicaragua, gelangen, an dessen Mündung das auf unserem Bilde dargestellte Städtchen liegt. Der Fluß selbst, obschon jetzt mit Dampfschiffen befahren, wird für große Seeschiffe niemals fahrbar werden. Darum soll der Kanal dem Flusse entlang geführt werden, ein Unternehmen von großen Schwierigkeiten, aber doch ausführbar. Der Nicaraguasee selbst ist hinlänglich tief für die größten Seeschiffe. Ihn mit dem Stillen Meere zu verbinden, ist sodann ein zweiter Kanal erforderlich, und dieser ist die Hauptarbeit bei dem großen Werke.
Man hat für die Verbindung des Nicaraguasces mit dem Ocean sechs verschiedene Linien nivellirt. Die südlichste sollte aus dem Rio Sapoá, der in den See fließt, nach dem Golf von Bolanos oder Salines hinüberführen. Weiter nördlich ist die Linie von der Mündung des Rio de las Lajas, der ebenfalls dem Gebiete des Sees angehört, hinüber nach San Juan del Sur, oder nach einem Küstenpunkte, Namens Brito, vorgeschlagen worden. In diesen Richtungen hat das Nivellement die Ausführbarkeit widerlegt. Nun kann aber der Nicaraguasee ohne große Schwierigkeit durch einen Kanal mit dem Managuasee verbunden und aus letzterem ein kurzer Kanal nach dem Stillen Meere geleitet werden. Drei Linien sind dafür geprüft worden, von denen die erste aus dem westlichsten Theile des Sees, der die Bai von Moabita genannt wird, südwestlich hinüber nach dem Golf von Tamarinda, die zweite aus derselben Gegend des Sees westlich nach dem Hafen von Realejo, die dritte endlich aus der nordwestlichsten [67] westlichsten Spitze des Sees in nordwestlicher Richtung nach der schon erwähnten geräumigen Bai von Fonseca oder Konchagua führen soll.
Diese letzte Linie ist die, welche sich als die beste auswies, obschon sie, von San Juan del Norte bis in die Fonsecabai gerechnet, die längste von allen ist. Es ist aber in dieser Richtung nicht der kleinste Hügel zu durchstechen, und auch die allgemeine Erhebung des Bodens auf der Wasserscheide zwischen dem See und der Bai ist mit Schleußen bequem zu übersteigen. Ein schiffbarer Arm der Bai, unter dem Namen Estero Real bekannt, schneidet tief in das Land und kommt dem Managuasee halben Weges entgegen. Das Plateau, welches in dieser Richtung durchschnitten werden muß, liegt hinter der majestätischen Reihe der Vulkane von Leon, rings von ebenem Lande umgeben.
Der Kanal selbst zerfällt in folgende natürliche Sektionen. Die Strecke am Rio de San Juan 70 engl. Meilen; See von Nicaragua 110 Meil.; Verbindungskanal zwischen beiden Seen 4 Meil.; See von Managua 50 M.; von da zum Meerarm des Estero Real 20 Meil.; zusammen 254 engl. Meilen, wovon jedoch nur 94 wirklich zu kanalisiren sind. Der Spiegel des Nicaragua liegt 128 engl. Fuß über dem des Stillen Meeres, der Spiegel des Managuasees aber noch 28 Fuß höher. Die Wasserscheide zwischen dem Managua und Estero Real ist kaum 10 Fuß. 166 Fuß ist also die Gesammthöhe, welche, vom Stillen Meere herauf, auf ungefähr 20 engl. Meilen Länge zu überwinden wäre. Ein Riesenwerk freilich, da es sich hier nicht um einen Donau-Main-Kanal für kleine flache Boote, sondern um einen Wasserweg für Seeschiffe von 50–60,000 Centner Trächtigkeit handelt. Doch der amerikanische Unternehmungsgeist hat schon Größeres gewagt und er wird auch dieses ausführen.
Wir kehren nach dieser langen Abschweifung zu unserem Ausgangspunkte, San Juan de Nicaragua, zurück.
Zur Zeit, als Herr Julius Fröbel unsere Ansicht aufnahm (1849) bestand der Ort aus etwa 50 Häusern, oder vielmehr Hütten. So ärmlich diese Gebäude auch waren, entsprachen sie doch den damaligen Bedürfnissen ihrer Bewohner zur Genüge. Die mit Palmenblättern oder Schilf gedeckten Dächer, welche mit den über sie emporragenden Kokospalmen so malerisch harmoniren, gaben wirksamen Schutz gegen den Regen und zugleich gegen die Sonnenhitze. Als Herr Fröbel auf seiner Rückreise, ein Jahr später, San Juan wieder besuchte, hatte sich die Zahl der Häuser schon über das Doppelte vermehrt und die Amerikaner und Engländer hatten einige größere Gebäude in europäischem Styl aufgeführt. Darüber war jedoch das Romantische der Scenerie zu Grunde gegangen, ein Theil der prachtvollen Bäume war niedergehauen, und die Menge um den Ort zerstreut liegender Breterhäuser drückte das auf den nächsten Augenblick berechnete Obdachbedürfniß ansiedelnder Yankees aus. Im Jahre 1851 zerstörte ein Brand den größern Theil der Stadt; sie ist seitdem viel schöner und größer wieder aufgebaut worden. [68] In wenigen Jahren wird von unserer Abbildung an Ort und Stelle nichts mehr wieder zu erkennen seyn, als die Bai und ihr waldiger Küstensaum.
Nichts desto weniger darf der Freund tropischen Naturcharakters nicht fürchten, sein Interesse hier nicht mehr befriedigen zu können. San Juan liegt auf einem schmalen Landstreifen, hinter welchem sich eine Bai, oder vielmehr eine Lagune in die Schatten des Urwaldes verzweigt. Aus dem Hotel, wo der Reisende gegenwärtig allen Comfort genießen kann, den er in der jungen Stadt jenes heißen Tropenlandes irgend erwarten darf, führt ein Spaziergang von wenigen hundert Schritten an den Rand dieses stillen Gewässers, über dessen Wogen hungrige Fischadler kreisen und aus dessen glatter, dunkel gefärbten Fläche hier und da der Kopf und Rücken eines Alligators hervorragt. Jenseits des Wassers fällt der Blick auf eine Waldvegetation von unbeschreiblicher, massenhafter Ueppigkeit. Die schweren, mit saftreichem Laub belasteten Aeste neigen sich auf die Wasserfläche und bilden dunkle Wölbungen, in deren Nacht sich der Blick verliert. Boote, jedes mit zwei fast nackten Ruderern bemannt, liegen immer bereit, daß Gelüste des Reisenden nach einer Wasserpartie zu befriedigen, und für einen halben Piaster kannst Du im Kanot auf der schmalen Lagune in das Innere des Urwaldes dringen, in welches sich kein Sonnenstrahl verirrt. Hie und da erweitern sich die Gewässer seenartig, und die Scenerie des Waldes entfaltet sich. Ueber dem dichten Dom der Lanbhölzer erheben sich die Kronen majestätischer Palmen, um das Boot spielen glänzende Fische und segeln Schaaren von schillernden Kammermuscheln friedlich über die stille Fläche. An dem grünen Saume der Ufer aber sprossen die saftigen, hochstämmigen, mit Blumen beladenen Kräuter der tropischen Flora und blühende Schlingpflanzen klettern an jedem Zweig heran, ranken um jeden Blattstengel, und sogar der abgestorbene Baumstamm strotzt noch vom parasitischen Leben der Orchideen und Bromeliaceen, die ihn schmücken, wie die Liebe ihre Todten.
San Juan ist leider als ein ungesunder, dem europäischen Ansiedler oft verderblicher Ort sehr verrufen, und gewiß wird sein Klima der Sümpfe wegen immer zu fürchten seyn. Trotz diesem wird es aber rasch genug zur Großstadt aufblühen; denn die menschliche Habsucht scheut den Tod nicht, welcher die Schätze hütet, die Fleiß und Spekulation hier schnell und leicht erwerben. –
Die Bevölkerung von St. Juan de Nicaragua ist, wie man sich denken kann, eine sehr gemischte. Das romanische (spanische) Volkselement, das früher ausschließlich dort zu finden war, tritt allmählig gegen das germanische durch die einwandernden Nordamerikaner, Engländer und Deutsche zurück, und in Folge dessen sind die äußern und gesellschaftlichen Formen des hiesigen Lebens in rascher Umwandlung begriffen.
- ↑ Mar del Norte – Nordmeer – ist eine spanische Bezeichnung des Atlantischen, wie Mar del Sur – Südmeer – eine Bezeichnung des Stillen Oceans ist. San Juan del Norte und San Juan del Sur ist also so viel als San Juan am Atlantischen und San Juan am Stillen Ocean.