Schönheitssucht, eine Quelle unmenschlicher Grausamkeit

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Titel: Schönheitssucht, eine Quelle unmenschlicher Grausamkeit
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aus: Beiträge zur Anthropologie und den damit verwandten Wissenschaften, 2 Bändchen. S. 268–272
Herausgeber: Michael Wagner
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Erscheinungsdatum: 1796
Verlag:
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Erscheinungsort: Wien
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung: Aufsatz über Elisabeth Báthori
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[268]

VII. Schönheitssucht, eine Quelle unmenschlicher Grausamkeit.

Der Unterschied welcher zwischen den beyden Geschlechtern in Ansehung der Gefühle, Affecte und Leidenschaften statt findet, ist zu auffallend, als daß er nicht jedermann in die Augen springen sollte. Der zarte Körperbau der Frauenzimmer, die Empfindsamkeit ihrer Nerven, und die Beschaffenheit ihrer gesammten Organisation erhöhet ihre Empfänglichkeit gegen alle sinnlichen Eindrücke, und die Lebhaftigkeit ihrer Einbildungskraft und ihres Temperaments macht sie in den meisten Affecten und Leidenschaften heftiger.

[269] Die Liebe ist ihr Interesse und ihre vornehmste Beschäftigung; die Eitelkeit eine ihrer gewöhnlichsten moralischen Krankheiten, welche letztere am gefährlichsten wird, wenn sie sich auf die Schönheit gründet, und von der Sucht, dem andern Geschlechte zu gefallen, oder Aufsehen zu machen, begleitet wird. Nicht selten ist sie die Quelle der empörendsten Grausamkeiten und der unmenschlichsten Handlungen. Eine in dieser Rücksicht äußerst merkwürdige Geschichte einer ungarischen Dame findet man in einigen ungarischen Geschichtsschreibern, als in Ladislaus Thurotz, Istwanfy u. s. w. aufgezeichnet. Ich erzähle die hieher gehörigen Umstände sowohl nach den besagten Geschichtschreibern, als vorzüglich nach den vorhandenen gerichtlichen Urkunden.

Elisabetha *** putzte sich ihrem Gemahle zu Gefallen in ungemeinem Grade, und brachte halbe Tage bey der Toilette zu. Einstmals versahe eines ihrer Kammermädchen, wie Thuroz erzählt, etwas an dem Kopfputz, und bekam für das Versehen eine so derbe Ohrfeige, daß das Blut auf das Gesicht der Gebieterinn sprützte. Als sie mittlerweile den Blutstropfen von ihrem Gesichte abwischte, schien ihr die Haut auf dieser Stelle viel schöner, weißer und feiner zu seyn. Sie faßte sogleich den unmenschlichen Entschluß, ihr Gesicht, ja ihren ganzen Leib im menschlichen Blute zu baden, um dadurch ihre Schönheit und ihre Reitze zu erhöhen. Bey diesem grausamen [270] Vorsatz zog sie zwey alte Weiber zu Rathe, welche ihr den gänzlichen Beyfall gaben, und bey diesem grausamen Vorhaben an die Hand zu gehen versprachen. In diese blutdürstige Gesellschaft ward auch ein gewisser Fitzko, Zögling der Elisabeth von *** aufgenommen. Dieser Wüthrich tödtete gewöhnlich die unglücklichen Schlachtopfer, und die alten Weiber faßten das Blut auf, in welchem sich dann dieses Ungeheuer in einem Trogen um 4 Uhr Morgens zu baden pflegte. Nach dem Bade kam sie sich immer schöner vor. Sie setzte daher dieses Handwerk auch nach dem Tode ihres Gemahls fort, welcher im Jahr 1604 starb, um neue Anbeter und Liebhaber zu gewinnen. Die unglücklichen Mädchen, welche unter dem Vorwande des Dienstes durch die alten Weiber in das Haus der Elisabetha von *** gelockt wurden, brachte man unter verschiedenem Vorwand in den Keller. Hier ergriff man sie, und schlug sie so lange, bis ihr Körper anschwoll. Elisabetha *** peinigte die Unglücklichen nicht selten selbst, und sehr oft wechselte sie ihre vom Blute triefenden Kleider um, und fieng dann ihre Grausamkeiten aufs neue an. Der aufgeschwollene Körper der unglücklichen Mädchen wurde dann mit Scheermessern aufgeschnitten. Nicht selten ließ dieses Ungeheuer die Mädchen brennen und dann schinden. Die meisten wurden bis zum Tode geschlagen.

[271] Die Vertrauten, welche ihr bey dem Prügeln nicht behülflich seyn wollten, schlug sie selbst, im Gegentheil belohnte sie diejenigen Weiber reichlich, welche ihr die Mädchen zuführten, und sich bey der Ausübung der Grausamkeiten als Werkzeug gebrauchen ließen.

Sie war auch der vermeynten Zauberey ergeben, hatte einen eigenen Zauberspiegel in Gestalt einer Bretze, bey dem sie stundenlang bethete.

Gegen das Ende gieng ihre Grausamkeit so weit, daß sie ihre Leute, zumahl Mädchen, die mit ihr im Wagen fuhren, zwickte und mit Nadeln stach. Eines ihrer Dienstmädchen ließ sie nackend ausziehen, und mit Honig beschmieren, damit es von den Fliegen aufgefressen werden sollte. – Als sie krank wurde, und ihre gewöhnlichen Grausamkeiten nicht ausüben konnte, ließ sie eine Person zu ihrem Krankenbette kommen, und biß dieselbe wie ein wildes Thier.

Sie brachte auf die oben beschriebene Art gegen 650 Mädchen ums Leben, theils in Tscheita (Cseita in der Neutraner Gespannschaft) wo sie einen eigenen dazu eingerichteten Keller hatte, theils in andern Orten; denn das Morden und Blutvergiessen war bey ihr zum Bedürfniß geworden. Als so viele Mädchen aus der benachbarten Gegend, die man unter dem Vorwand des Dienstes, oder der fernern Ausbildung in das Schloß brachte, verloren giengen, und die Eltern auf ihre Nachfrage nie befriedigende und meistens [272] zweydeutige Antworten erhielten, so wurde die Sache verdächtig. Man gab vor, die Mädchen wären an einer Krankheit gestorben. Als die Eltern den Ort des Begräbnißes wissen wollten, wurden sie mit Grobheiten abgespeist. Zuletzt hat man durch die Bestechung des Gesindes so viel herausgebracht, daß die vermißten Mädchen gesund in den Keller gegangen, und nie wieder zum Vorschein gekommen wären. Die Sache ward nun sowohl bey Hofe, als auch bey dem damahligen Palatin Thurzo angegeben. Der Palatin ließ das Schloß Tscheita überfallen, stellte die strengsten Untersuchungen an, und entdeckte die schaudervollen Mordthaten. Das Ungeheuer ward für die begangenen Greuelthaten zu einem ewigen Gefängniß verdammt, ihre Mitschuldigen aber wurden hingerichtet. – – Nihil mediocre in muliere seu bona sit, seu mala! In diese Worte brechen hierbey Matthias Bel und Thurotz aus.