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Wenn der Bagstein richtigerweise als Handmühlstein zu deuten ist[1], so konnte die Demütigung einstens vollkommenen Ersatz für die uneinbringliche Buße bieten: die zanksüchtige Frau arbeitete eben mit dem von ihr getragenen Stein als Mühlmagd ihre Strafschuld ab. Als von dieser Strafarbeit bloß mehr das Symbol übrig geblieben war, konnte leicht der Gedanke entstehen, daß die Erniedrigung, die öffentliche Schaustellung mit dem lächerlichen Gepränge die eigentliche Strafe für Schandmäuler sei, und da wurde es als eine Gnade[2] oder Huld[3] bezeichnet, wenn der büßenden Frau gestattet wurde, sich durch Geldzahlung von der Ehrenstrafe zu lösen. So konnte es auch dazu kommen, daß das Steintragen unter Umständen für unablösbar[4] erklärt wurde.

Geldstrafe oder Steintragen setzen fest die Weistümergruppen: Els[5], Laa[5], Liesing[5], Saubersdorf[5], Grinzing[6], Khulb[7] u. a.

In erster Linie Steinstrafe und diese durch Geld ablöslich bestimmen die Rechte von Ensdorf[8], Hippersdorf[9], Kahlenbergendorf[10], Lilienfeld[11], Nußdorf[12], Ober Nonndorf[13], Solenau[14], Wilhelmsdorf[15] u. a.

Wandel und Bagstein kommen auch nebeneinander vor; so in folgenden Texten: Gutenstein[16], Kranichberg, Lang Enzersdorf[17], Ober Rußbach[18], Schönberg, Senftenberg, Stratzdorf, Trandorf, Weikendorf[19], Zwettl, Grösten[20] u. s. f.

Im Siedinger Weistum[21] heißt es: und soll dem Richter darum danken. Dieser Dank bestand in der Entrichtung des Wandels.

Die Einhebung der Geldbuße stand in gewisser Beziehung zum Strafvollzug. So wurde z. B. das Geld auf den Bagstein gelegt[22];


  1. S. unten § 10b.
  2. wil mon si begnaden ÖW. 8, 131 Wilhelmsdorf 1512. ÖW. 8, 147; 417; 579; 672. Arch. f. K. öst. GeschQu. 25, 90.
  3. ÖW. 8, 953, Els 1605.
  4. ÖW. 8, 731 Schönberg 1430 (Anhang 17). ÖW. 8, 510 Ober Russbach 1561: ohn alle gnad. ebenso Friedberg i. Böhmen. ÖW. 7, 518 Traiskirchen 1615: ân alles mitl.
  5. a b c d Anhang 5. 11. 12. 15.
  6. ÖW. 7, 938.
  7. Archiv, f. K. öst. GeschQu. 25, 117.
  8. Anhang 6.
  9. ÖW. 8, 623.
  10. ÖW. 7, 944.
  11. Anhang 13.
  12. ÖW. 7, 919; 913.
  13. ÖW. 8, 816.
  14. ÖW. 7, 382.
  15. ÖW. 8, 131; 147; 417.
  16. Anhang 8.
  17. ÖW. 8, 329.
  18. ÖW. 8, 510.
  19. ÖW. 8, 48.
  20. Archiv f. K. öst. GeschQu. 25, 105.
  21. ÖW. 7, 250.
  22. ÖW. 7, 993 Höflein a. Donau 1512: auf den pockstein zu wandl legen 72 ₰. – ÖW. 8, 939 Hohenstein c. 1600. niederzulegen auf den pockstain 72 ₰.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/38&oldid=- (Version vom 1.8.2018)