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Vereinzelt ist statt des Bagsteins die Gefängnisstrafe angedroht[1]; auch Verweisung kommt vor[2].


b) Fiedel.

Vielfach war an Stelle des Bagsteins die Fiedel als Strafwerkzeug für scheltende Weiber in Gebrauch[3]. Dieses Instrument (auch geige[4], halsgeige[5], prechel[6] genannt) diente dazu Hals und Hände einzuspannen. Es bestand aus Holz oder aus Eisenbändern. Die Lästermäuler wurden damit an den Pranger gekettet oder im Orte herumgeführt[7].

Der Grund dafür, daß die Fiedel, die viel später in Gebrauch kam als der Bagstein, denselben allmählig verdrängte, mag wohl gewesen sein, daß die Fiedelstrafe dem Bedürfnis nach sinnlichem Ausdruck der Strafe viel mehr entsprach. Die eigentliche Bedeutung des Bagsteins war vergessen, sein Name ward nicht mehr verstanden und da bot sich als willkommener Ersatz ein Werkzeug, das durch seine Gestalt und Bemalung das Vergehen in lächerlicher Weise widerspiegeln und so Spott und Hohn in gesteigertem Maße hervorrufen konnte. Der Abschreckungszweck wurde damit viel besser erreicht. Man denke an die drastische Wirkung einer Doppelfiedel!

Die Verbreitung der Fiedel scheint von den Städten ausgegangen zu sein. In Wien strafte bereits 1443 der Sterzermeister mit der Prechel[8]. In den Dörfern ist der Ausdruck fiedel seit


  1. Schatterlee (Anhang 16). keiche ÖW. 6, 193 Weiz (17. Jh.)
  2. S. oben S. 17. 27.
  3. Nur soweit soll hier von ihr gehandelt werden. – fiedel oder eisen Schwanberg 1598 ÖW. 6, 382. – fidel Rohr u. Schwarzau 17. Jh. ÖW. 7, 345. – fidl Rauhenwart u. s. w. 1614 (Text Laa Anhang 11). Hartberg 1618 ÖW. 6, 124.
  4. ÖW. 7, 432 Zwölfaxing 1562. Tresdorf 1582 (Anhang 23). geige oder fidl Tresdorf 1685. – Weiz 17. Jh. ÖW. 6, 193.
  5. ÖW. 8, 860. Groß Gerungs 1701; halsring ebda S. 856, 858.
  6. ÖW. 7, 663. Mauer 1730.
  7. ÖW. 6. 193 Weiz 17. Jh. offentlich alle gassen in der fidl oder geign außgefihrt. – ÖW. 7, 673 Mauer 1730 die weiber, … in der prechel im ort auf und ab geführet, sodann an die bei der kirchen stehende prechl gespannt werden.
  8. v. Schwind und Dopsch Urk. z. Verf. Gesell, d. österr. Erblande S. 357; 359.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/40&oldid=- (Version vom 1.8.2018)