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könnte man das Steintragen nicht davon ableiten, weder als spiegelnde Strafe, noch sonst. Schon darum, weil der „Kampfstein“ bedeutend leichter ist als der Bagstein[1].


f) Die Strafsteine in Schweden.

In Schweden[2] war das Steintragen nicht in der ursprünglichen Art gebräuchlich, daher läßt sich aus der dort üblichen Form der Strafsteine kein Schluß ziehen. Den Ausdruck baera stadzens mantol möchte ich fast als eine lächerliche Umschreibung für „nackt laufen“ ansehen, ähnlich wie es anderwärts heißt trinken aus des büttels flasche für „die Flasche tragen“.


g) Das Versteinern.

Stöber, der gleich Grimm im Lasterstein ein Symbol der Steinigung sieht, bringt eine Reihe von Notizen über Steinigung bei den Völkern des Altertums und führt schließlich[3] eine Stelle aus dem Talmud an. „Welcher Übles redet und verleumdet, dessen Seele fährt in einen stummen Stein,“ Wenn er auch keine weiteren Folgerungen zieht, so scheint er doch hier die erste Wurzel der Strafe des Steintragens, bezw. der Steinigung zu sehen. Dazu hätte Stöber den Talmud nicht heranziehen müssen, denn die Sage von Verwandlungen in Stein ist auch den arischen Völkern sehr geläufig[4]. Sie dürfte überhaupt allgemein vorkommen und in der Regel durch menschenähnliche Naturgebilde oder alte unverstandene Bildsäulen u. dergl. ihre Erklärung finden. Das bekannteste deutsche Beispiel ist die Sage von der Frau Hütt bei Innsbruck.

Auch die Gedankenverbindung von „stumm“ und „Stein“ ist sehr naheliegend und allgemein.

Es müßten viel bessere Argumente ins Treffen geführt werden, wenn man auch nur die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen


  1. Der Kampfstein soll sein fûstgross (Augsbg), ain Pfd. swär der stat wag (Rupr.), swaere pî drîen pfunden (Heinr.), 4 oder 5 Pfund (Thalhofer); Vgl. oben S. 2.
  2. Grimm, RA.4 2, 317. Liebrecht Zur Volkskunde 429.
  3. a. a. O. S. 135.
  4. Vgl. Z Volksk. 16 (1906) S. 177 ff. „Eine moderne Sage von einem Gottesfrevler“.
Empfohlene Zitierweise:
Eberhard von Künßberg: Über die Strafe des Steintragens. Marcus, Breslau 1907, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Strafe_des_Steintragens.pdf/54&oldid=- (Version vom 1.8.2018)