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Conrector) etlichemahl Maulschellen derowegen gab. Aber durch diese Weise habe ich gleichwohl sehr befunden es besser getroffen zu haben, als die so sich an den gemeinen Schlendrian hielten.“ Und in einem anderen Briefe schreibt er: „Am meisten hat mir geholffen, daß ich in Zeiten Autores Graecos und Latinos gelesen.“[1] Von allem Gelesenen legte er sich Excerpte an, und als ihm einst ein muthwilliger Schulcamerad sein Excerptenbuch fortgebracht hatte, machte er sich unverdrossen an die Arbeit, sämmtliche excerpirten Schriftsteller noch einmal durchzuarbeiten.[2] Man wird demnach ermessen können, mit welchem Rechte Conring einmal Pufendorf seine mangelnde Belesenheit in den Alten vorwirft. Freilich in möglichst viel Citaten nach Sitte der Zeit seine Gelehrsamkeit zu zeigen, war Pufendorfs Art nicht.

Mit einer feierlichen Dankrede gegen das erlauchte Haus Sachsen verabschiedete sich Pufendorf vom Gymnasium zu Grimma und bezog die Universität Leipzig, um sich nach der in seiner Familie hergebrachten Sitte dem Studium der Theologie zu widmen. Aber die dogmatische Beschränktheit der orthodoxen Theologie widerte ihn an; wie sein Bruder Esaias entschloß er sich, dem Studium der Theologie den Rücken zu kehren und wandte sich juristischen, philosophischen und historischen Studien zu, während er sich durch Unterricht die nöthigen Subsistenzmittel erwarb. Im Jahre 1656 ging er nach Jena wo er in eine nahe Verbindung mit dem Mathematiker Erhard Weigel trat, in dessen Hause er das ganze Jahr 1657 wohnte.[3] Nachdem er sich schon vorher mit rechtsphilosophischen Studien beschäftigt hatte, machte ihn Weigel mit der mathematisch-demonstrativen Methode des Cartesius bekannt; ihm verdankte er die Anregung, diese Methode auf das Naturrecht anzuwenden, wie er selbst in der Vorrede zu seinen Elementa juris naturae sagt. Pufendorf hatte die Absicht gehabt, keinen der akademischen Grade, über deren Käuflichkeit schon damals zahlreiche Klagen laut werden,[4] zu erwerben; es bedurfte erst vielfachen Zuredens von Seiten Weigels, um ihn zu bewegen, sich in Jena den Magisterhut aufsetzen zu lassen; Doctor juris aber hat er nie werden wollen.[5] Er wandte sich dann nach Leipzig zurück, sein deutscher Biograph erzählt uns, er habe dort eine Anstellung gesucht, aber „trotzdem er sich den Rücken fast krumm complimentirt habe,“ sei es ihm nicht geglückt, „weil er der Sache mit glänzendem Metall keinen Nachdruck zu geben vermochte.“[6]

So richtete denn Pufendorf, bewußt wie er sich war, etwas leisten zu können, seine Blicke ins Ausland, das schon so manchen strebsamen Deutschen eine Laufbahn eröffnet hatte, nach der er im Vaterlande ohne vornehme Protection vergebens gestrebt hatte. Hier konnte ihm sein älterer Bruder nützen, der den gleichen Weg eingeschlagen hatte. Esaias war in Jena der Erzieher des schwedischen Grafen Otto Wilhelm Königsmark gewesen

  1. Acta phil. a. a. O. 954.
  2. Glafey, Vollständige Geschichte des Rechts der Vernunft. Leipzig 1739. p. 201.
  3. Eris scandica pag. 105.
  4. Vgl. Epist. ad amic. p. 94.
  5. Deutsche Uebers. 1229. Epist. ad amic. p. 106.
  6. Deutsche Uebers. 1230.
Empfohlene Zitierweise:
Samuel von Pufendorf: Ueber die Verfassung des deutschen Reiches. Berlin: L. Heimann, 1870, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:%C3%9Cber_die_Verfassung_des_deutschen_Reiches.djvu/7&oldid=- (Version vom 1.8.2018)