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sie gehöre dem Priester Steppo. Dieser Steppo war ein frommer und erstaunlich mildthätiger Mann, welcher auf demselben Berge Gott und den Schwestern diente. Damit man aber wisse, dass man sich über die Art und Weise, wie auch ein Gerechter sterben kann, nicht zu viel Sorge machen soll, bemerke ich noch: Selbiger Steppo erkrankte im verflossenen Jahre an einem Fieber, und als ihm die Materie ins Gehirn stieg, wurde er so vollständig der Sinne beraubt, dass er allerlei Gotteslästerungen ausstiess. Nachdem er gestorben und beerdigt worden, wollte Gott dessen Verdienste an den Tag bringen und hat ihn gewürdigt, dass an seinem Grabe Wunder geschahen. Wie ich gehört habe, legen sich Kranke darauf und gehen hergestellt von dannen.“

Über den hier genannten Priester Steppo liegen auch anderweitige Nachrichten vor, welche die Mitteilungen des Cäsarius bestätigen. So heisst es von ihm in einer Mitteilung, die sich bei Gelenius findet, zum 30. Mai, dass er, nachdem er der Priester der Cisterzienserinnen auf dem Salvatorberge und ihr Beichtvater gewesen, im Jahre 1221 gestorben sei und nach dem Tode durch Wunder geglänzt habe[1].

„Wie die Abtissin Helswendis von Burtscheid in den Orden eingetreten ist.

Diese Helswendis war und ist noch die Tochter des Schultheissen von Aachen, eines höchst mächtigen und reichen Mannes. Schon in frühester Kindheit hegte sie den lebhaftesten Wunsch, in ein Kloster zu treten und bat ihre Mutter: „O lass mich doch Nonne werden!“ Sie pflegte mit ihrer Mutter öfters den Salvatorberg zu besuchen, auf welchem damals die Burtscheider Schwestern ihren Konvent hatten. Eines Tages schlich sich das Kind durch ein Kirchenfenster hinein, bestieg den Schlafsaal, hüllte sich in ein Nonnenhabit und ging mit in den Chor. Als die Mutter, die eben im Begriffe stand, wegzugehen, von der Abtissin den Vorfall gehört, nahm sie denselben scherzhaft und sagte dann: „Ruft den Diener! wir müssen fort.“ Da erschien das Kind am Fenster und sagte: „Ich bin Nonne! ich gehe nicht mit dir!“ Die Mutter, welche sich vor ihrem Gatten fürchtete, erwiderte der Kleinen: „Komm jetzt nur mit, ich werde deinen Vater bitten, dass er dir erlaubt, ins Kloster einzutreten.“ So kam das Mädchen heraus und ging mit. Zu Hause


  1. Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 47, S. 30.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Pschmadt: Der „dialogus miraculorum“ des Cäsarius von Heisterbach in seinen Beziehungen zu Aachen. In: Aus Aachens Vorzeit, Heft 1/1900. Cremer, Aachen 1900, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AAV_Heisterbach_dialogus_miraculorum_Pschmadt.pdf/14&oldid=- (Version vom 15.8.2018)