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der griechische Königssohn Gregor, der Gründer und erste Abt jenes Klosters, dorthin gebracht hat. Es soll dasselbe Gemälde sein, das, wie in den Wundern des hl. Nikolaus erzählt wird, der heidnische Zöllner an sich genommen und als Bewachung seines Schatzgewölbes aufgestellt hatte, was dann Veranlassung zu seiner Bekehrung bot, als er sein Vermögen verloren, dasselbe jedoch wiedererhielt, nachdem er das Bild geschlagen hatte. Das Gemälde hat viele Wunder gewirkt. Als es einmal in das Haus einer in Geburtswehen liegenden, ehrbaren Frau gebracht und derselben gegenüber an der Wand aufgestellt worden, hat es sich in der Geburtsstunde, gewissermassen um nicht auf die Kreisende sehen zu müssen, vor den Augen aller Anwesenden umgedreht. Das Gesicht auf dem Bilde ist länglich und mager, sehr ernst und würdevoll. Die Stirne kahl, die Haare des Hauptes und des Bartes sind weiss. Als unlängst die Mönche das Kloster verliessen, erhielten die Nonnen unseres Ordens das Gebäude nebst diesem Bilde.“

Das Bild, von welchem hier die Rede ist, befindet sich noch immer in der Schatzkammer der Burtscheider Abtei. Es ist ein byzantinisches Bild und mag daher wohl von dem Gründer der Abtei, dem seligen Abte Gregor, der aus dem byzantinischen Reiche stammte, nach Burtscheid gebracht worden sein. Es hat im Jahrhunderte des Cäsarius eine künstlerische Umrahmung erhalten, auf welcher die Geschichte von dem heidnischen Zöllner dargestellt ist. Das Bild ist von Dr. Franz Bock in seiner Schrift über die Burtscheider Heiligtümer in Holzschnitt wiedergegeben worden[1]. Die noch in unsern Tagen geltende Annahme, Abt Gregorius sei ein griechischer Königssohn gewesen, ist heute durch die neuesten Forschungen widerlegt[2]. Gregor stand der Burtscheider Abtei von 996–999 vor. Auf Anregung des verstorbenen Pfarrers, Herrn Wilhelm Straub zu Burtscheid, wurde ihm in der Abteikirche ein Denkmal gesetzt. Das Kloster Burtscheid war Benediktinerkloster bis 1222, wo die letzten fünf Mönche in das der Kirche gegenüberliegende jetzige Pfarrhaus, das noch heute eine Nikolauskapelle


  1. Fr. Bock, Die Reliquienschätze der Abteien Burtscheid und Comelimünster.
  2. Bosbach, Gründung und Gründer der Burtscheider Benediktiner-Abtei in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins Bd. XIX, S. 97 und ff.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Pschmadt: Der „dialogus miraculorum“ des Cäsarius von Heisterbach in seinen Beziehungen zu Aachen. In: Aus Aachens Vorzeit, Heft 1/1900. Cremer, Aachen 1900, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AAV_Heisterbach_dialogus_miraculorum_Pschmadt.pdf/8&oldid=- (Version vom 15.8.2018)