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besitzt, versetzt wurden[1]. Das Abteigebäude selbst bezogen dann auf Anordnung des Erzbischofs von Köln, des hl. Engelbert, die Nonnen des Salvatorberges.

„Als Meister Johannes, Dechant von Aachen, sich noch auf der Schule befand, wurde er einmal so schwer krank, dass er beichtete und die hl. Ölung empfing; es schien keine Hoffnung mehr vorhanden, ihn dem Tode zu entreissen. Schon stieg ihm die Materie ins Gehirn. Wie er nun so allein dalag, geriet er in Verzückung und sah ihm unbekannte Männer eintreten. Sie hatten Wageschalen in den Händen und legten kurze viereckige Hölzer vor ihn. Während diese Männer an der einen Seite des Bettes standen, erschienen drei berühmte Bekenner, der hl. Bischof Martin von Tours, der hl. Bischof Godehard von Hildesheim und der hl. Bernward, und stellten sich an die andere Seite des Bettes. Jetzt legten jene Männer den Knaben Johannes auf die eine Wageschale und beschwerten die andere mit den Hölzern; als jedoch die Wageschale, auf welcher der Kranke lag, als die leichtere, in die Höhe ging, legten die hl. Bekenner zu dem Knaben noch einen Bettelbuben in die Schale, und nun sank diese weit tiefer als jene, welche mit Hölzern beladen war. Sofort kam Johannes, wie er mir selbst erzählt hat, in Schweiss; es erfolgte die Krisis, und in kurzer Zeit war er von der Krankheit genesen. Jenem kleinen Bettelbuben hatte Johannes öfter Brot geschenkt und hatte ihn der Mildthätigkeit seiner Mutter empfohlen.“

Magister Johannes, Dechant des Münsters, wurde 1222 Abt zu St. Trond und 1223 Abt zu Deutz[2]. Das Seelen- oder Sündenwägen kommt in Erzählungen des Mittelalters öfter vor[3]. Bekanntlich meldet auch der Pseudo-Turpin, wie das Schicksal Karls des Grossen in der anderen Welt in der Weise entschieden worden sei, dass die Sünden des Kaisers in eine Wageschale, seine guten Werke aber in die andere geworfen worden seien[4].

„Als Oliver, der Scholastikus von Köln, vor etlichen Jahren durch ein Dorf kam, sah er dort einen Widder aufgerichtet und um denselben einen Reigen mit Gesang und Musikinstrumenten aufführen; so oft aber die Tanzenden bei dem Kopfe des Widders


  1. Quix, Geschichte der ehemaligen Reichsabtei Burtscheid, S. 83.
  2. Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 47, S. 27.
  3. Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 47, S. 27.
  4. Meyer, Aachensche Geschichten S. 107.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Pschmadt: Der „dialogus miraculorum“ des Cäsarius von Heisterbach in seinen Beziehungen zu Aachen. In: Aus Aachens Vorzeit, Heft 1/1900. Cremer, Aachen 1900, Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:AAV_Heisterbach_dialogus_miraculorum_Pschmadt.pdf/9&oldid=- (Version vom 15.8.2018)