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Walther Kabel: Abenteuerliche Ehen europäischer Aristokratinnen mit Muselmännern. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 11, S. 212–215

die Mittel aus. Es kam soweit, daß Riza-Bei die ihm von Ludwig XIV. für den Schah übergebenen Geschenke verkaufen mußte, nur um die nötigen Wagen zur Fahrt nach Moskau bezahlen zu können. Endlich im Oktober 1716 langten die Reisenden in Eriwan an. Eigentlich hätte der Gesandte nun sofort an den Hof seines Herrn eilen müssen, um Bericht über den Ausfall seiner Mission zu erstatten, aber Riza-Bei ließ sich Zeit, denn er wußte nur zu gut, was am Hofe von Teheran seiner wartete. Die kostbaren Geschenke Ludwigs XIV. waren nicht mehr vorhanden, und der Handelsvertrag, zu dem er als Bevollmächtiger Persiens sich von den französischen Diplomaten hatte überreden lassen, war für die auswärtige Politik Persiens nur verhängnisvoll, wie er sich jetzt bei ruhiger Überlegung selbst sagte. Als man ihn daher von Teheran aus immer dringender vorlud, nahm er eines Tages in seiner Verzweiflung Gift. Seine europäische Gattin aber, zu stolz, um nach diesem traurigen Abschluß ihres Liebesromans nach Paris zurückzukehren, trat zur mohammedanischen Religion über und verschwand in dem Harem eines persischen Großen. –

Ebenso abenteuerlich wie der Liebesroman der Marquise ist der einer englischen Aristokratin, einer geborenen Lady Digby, verheirateten Lady Ellenborough[ws 1]. Diese war von so außerordentlicher Schönheit, daß König Ludwig I. von Bayern ihr Bild in seiner berühmten Schönheitsgalerie aufhängen ließ. Von Jugend an sehr zu Extravaganzen neigend, unternahm Lady Ellenborough, nachdem ihre erste Ehe geschieden war, eine Reise nach den Ruinen von Palmyra, die mehrere Tagesreisen von Damaskus entfernt mitten in der Syrischen Wüste liegen. Als Schutzwache wurde sie von dem zwanzigjährigen Beduinenschech El Mezzab und dessen Reiterschar begleitet. Unterwegs wurde die Reisegesellschaft von einem räuberischen Beduinenstamm angegriffen. Bei dieser Gelegenheit kämpfte der junge Schech so todesmutig für die ihm anvertraute Dame, daß diese ihm ihre Hand anbot. Einem deutschen Reisenden, der einmal in dem Hause der europäischen Gattin des Beduinenhäuptlings in Damaskus als Gast weilte, hat die bemitleidenswerte Frau offen ihr Herz ausgeschüttet. „Ich träumte,“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Siehe hierzu auf Wikipedia den Artikel zu Jane Digby 1807–1881.
Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Abenteuerliche Ehen europäischer Aristokratinnen mit Muselmännern. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1911, Bd. 11, S. 212–215. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1911, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Abenteuerliche_Ehen_europ%C3%A4ischer_Aristokratinnen.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)