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Eigentlich seien sie aber für den Grundsatz der Freiwilligkeit gewesen und für einen Aufbau der evangelischen Gemeinde auf dieser Grundlage. Darauf führten die bekannten Worte Luther’s im Vorwort zu der deutschen Messe vom Jahre 1526, wo derselbe von einer dritten Weise redet, da diejenigen, so mit Ernst Christen wollen sein, und das Evangelium mit Hand und Mund bekennen, müßten mit Namen sich einzeichnen etc. und briefliche Aeußerungen von einer Sammlung der Christen, die durch die Visitation soll angerichtet werden, auf welche schon Köstlin (Luther’s Theologie II, 560) hingewiesen hat, ohne ihnen jedoch eine kirchenhistorische Bedeutung beizumessen. Nach den ersten Erfahrungen sei Luther davon abgekommen, es sei ein Prinzipwechsel eingetreten, Luther habe sich plötzlich als fürstlichen Visitationsbeamten zu fühlen angefangen etc. Allein läßt sich dieß wirklich nachweisen? Luther hat doch in jenem Vorwort die zwo andern Weisen, die einen mehr pädagogischen Zweck verfolgen, eine öffentliche Reizung zum Glauben und zum Christenthum, ausdrücklich nicht aufgehoben und verändert haben wollen; Luther verbindet hier mit der Idee einer wirklich gläubigen Gemeinde die Idee des Volkskirchenthums, er wünschte nur, wenn es möglich wäre, innerhalb des weiteren Kreises, für welchen übrigens, wie die Formula Missae klar zeigt, auch Sakramentsgenuß statt fand, einen engeren aus wahren Christen zu organisiren, ohne den weiteren etwa ganz aufzugeben oder jenen als Abendmahlsgemeinde diesem gegenüberzustellen. Man findet in jenen Worten häufig zu viel; Stahl dagegen sagt geradezu (a. a. O. S. 104), es liege in ihnen nichts anderes als: in einer Gemeinde gläubiger Christen könne man den Gottesdienst vereinfachen und strenge Zucht üben. Daß Luther die Kirchenvisitation benützt haben wollte lediglich zu dem Zwecke, um eine Gemeinde wahrer Christen in Folge freier Entscheidung zu gewinnen, scheint uns einen innern Widerspruch zu enthalten; denn zu einem auf rein innerlichem Wege zu erreichenden Zwecke bedurfte es nicht des Aufgebots fürstlicher Auctorität, während alles klar ist, wenn der Gedanke Luther’s so gefaßt wird, daß er allerdings die innerhalb des fürstlichen Territoriums gelegenen Christengemeinden im Ganzen unter evangelische