Seite:Adolf von Stählin - Das landesherrliche Kirchenregiment.pdf/29

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

in der Kirche, die Kirchengewalt lag nach ihrem Urtheil bei der ganzen Kirche, diese war ihnen aber eine organisch gegliederte. Melanchthon sagt ausdrücklich: „non debet esse democratia, sed aristocratia, in qua ordine hi, qui praesunt, episcopi et reges, communicant consilia etc. Auch Melanchthon war das Wächteramt über die erste Tafel mehr als nur Schutz wider die groben äußern Uebertretungen, wie ja jedes Gebot eine negative und positive Seite hat; er sagt ausdrücklich: manifestum est autem in primo et secundo praecepto prohiberi idololatriam et blasphemias. Ergo necesse est, magistratum externam idol. et blasphem. tollere et curare, ut pia doctrina et pii cultus proponantur. Melanchthon schließt in die custodia utriusque tabulae auch das Kirchenregiment ein; er sagt (loci II, 173): quare reges, principes et magistratus etiam hoc tempore inspiciant ecclesias et curent, eas recte doceri, ut flectantur animi hominum ad veram dei invocationem etc., wobei wir bemerken, daß der Ausdruck ecclesias inspicere in der Wittenberger Reformation vom factischen Regiment der Fürsten gebraucht wird: interim (principes) et ecclesias inspiciunt et earum negotia mediocriter gubernant (Richter, Kirchenordnungen II, S. 90). Endlich gilt gewiß für den Zeitraum bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts das Wort Stahl’s (a. a. O. S. 205): „Bei all diesen Veränderungen bleibt nun aber doch der Grundsatz unwandelbar stehen, daß materiell das Kirchenregiment durch den Ausspruch der Diener des Worts bestimmt sein muß. Ihn bezeugen die Lehrer – – die Landesherrn selbst.“ Der Unterschied der reformatorischen und spätern Doctrin auf diesem Gebiet ist doch wohl kein anderer als der zwischen den schöpferischen Lehrgedanken der Reformatoren und der spätern lutherischen Dogmatik. Höfling hat Recht mit der Behauptung (a. a. O. S. 165): „Gewiß ist die Lehre unserer alten Dogmatiker von dem ordo triplex hierarchicus im Allgemeinen ganz der richtige Ausdruck für die kirchenregimentliche Anschauung unserer Reformatoren“, wobei wir nicht leugnen, daß die Gebrechen, welche, wie wir gerne zugestehen, schon die reformatorische Lehre trägt, bei den spätern Dogmatikern noch mehr hervortreten; die Sonderung beider Lebensgebiete schwindet vor