Seite:Adolf von Stählin - Das landesherrliche Kirchenregiment.pdf/38

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ja nicht denken, urtheilen und ihr kirchliches Urtheil manifestiren, außer durch ein Organ, das nicht das ihre, sondern das des Staates ist“; es ist dieß nur dann richtig, wenn die Kirche wesentlich – nicht als Gemeinde der Gläubigen, sondern als Organismus gedacht wird. Denn in diesem Falle gibt es kirchliches Denken und Handeln allerdings nur mittels des kirchlichen Organismus. Weil aber die Kirche vor allem eine Kirche von Glaubenden und Bekennenden ist, so ist kirchliches Denken und Urtheilen allenthalben, wo auf diesem Grunde eine Thätigkeit, sei es von Einzelnen, von Kirchenbehörden oder Synoden stattfindet, und ist es z. B. in Bayern durch kirchliche Arbeit einzelner, der Behörden und Synoden zur Einführung des luth. Katechismus – von dem Harnack schön sagt S. 42: „Der luth. Katechismus ist die lutherische Kirche; er setzt sie sich voraus und zieht sie nach sich mit ihrem ganzen Bekenntniß und dem Anspruch, den sie im Namen desselben zu erheben hat“ – eines guten Gesangbuchs, einer Liturgie, biblischer Geschichte etc. gekommen. Der katholische Summepiskopus konnte offenbar die Anregung zu all dem nicht geben. Was Harnack dann noch als Mangel anführt, daß die Kirche erst Kirche wird, erst einen irdischen Leib erhält durch ihre Verbindung mit dem Staate, gilt von unserer Kirchenverfassung überhaupt, ja ganz besonders von der Entstehung derselben; denn einen sichtbaren Leib, eine irdisch rechtliche Existenz hat unsere Kirche allerdings erst durch Handreichung der weltlichen Gewalt erhalten. Will man dieß unbedingt tadeln, dann muß man auch consequent sein und mit Protestanten wie Leo und Menzel und den Römischen offen eingestehen, daß die Kirche durch die Reformation etwas Wesentliches eingebüßt habe. Andererseits ist es ja gewiß, daß obiges Urtheil gerade für die Gegenwart in dem Maße nicht gilt, als lutherische Kirchen auf Grund des richtig verstandenen Gemeindeprinzips, dessen Würdigung wir zu unserer Freude bei dem Herrn Verfasser sonst finden und bezüglich dessen wir mit ihm beklagen, daß manche schon bei seiner Nennung „einen Schüttelfrost bekommen“, förmlich organisirt sind und ihr Verhältniß zum Staate auch nach dieser Seite rechtlich geordnet ist. Da der Herr Verfasser sich auf Stahl beruft, so sei es uns erlaubt, uns