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oder Freikirche, und man mit dem Begriff Landeskirche den der Volkskirche wenn nicht indentifizirt, so doch als unmittelbar gegeben annimmt, mit dem Begriff der Freikirche eine neue Sammlung auf gewissem Glaubens- und Bekenntnißgrunde unter viel enger begrenzten Verhältnissen versteht, welche eine Wirkung auf das Ganze nicht mehr zulassen oder doch gar sehr erschweren, vindizirt der Herr Verfasser von vorn seinem Ideal der Freikirche den volkskirchlichen Charakter. Wir müssen nun sagen, er hat dieß mehr als sicher vorausgesetzt, denn die wirkliche Möglichkeit und den Weg, zu dieser, zwei sonst mehr oder weniger geschiedene Elemente in sich vereinigenden Kirchengestalt zu gelangen, klar erwiesen und beschrieben. Doch wir wollen nicht vorgreifen. Der Herr Verfasser hat uns selbst zur Prüfung aufgefordert. Seine Schrift, welche von tiefem Ernste und begeisterter Liebe zur lutherischen Kirche zeugt, welche die Signatur der kirchlichen Gegenwart zum Theil meisterhaft zeichnet, und bei aller idealen Richtung doch nie den Boden geschichtlicher Anknüpfung und Orientirung verläßt, verdient ja gewiß die sorgsamste Erwägung; sie hat uns mächtig angezogen und zu eingehender Beschäftigung mit den ihr zu Grunde liegenden geschichtlichen und prinzipiellen Fragen, mit den von ihr verfolgten praktischen Zielen veranlaßt.

 Es sei uns erlaubt, unsere Prüfung nach diesen drei Gesichtspunkten zu bewerkstelligen.


I.

 Es ist offenbar von nicht geringer Bedeutung, darüber sich klar zu werden, wie die Reformatoren selbst zu demjenigen sich verhielten, worin unsere gegenwärtige Verfassung gipfelt und wovon unser Landeskirchenthum nach seiner äußern Seite getragen ist, was wir nach seinem prägnantesten Ausdruck das landesherrliche Kirchenregiment nennen.

 Harnack versäumt nicht, diesen Punkt zu berühren. Nach einer äußerst treffenden Erörterung über die Bedeutung des Bekenntnisses für die Kirche und die Stellung der Verfassungsfrage im Allgemeinen