Seite:Adolf von Stählin - Das landesherrliche Kirchenregiment.pdf/49

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 Wir müssen nun sagen, so viel Vortreffliches, Geistvolles und sehr zu Beherzigendes der Herr Verfasser von Seite 82 bis zum Schlusse namentlich über das Prinzip des Volkskirchenthums im Gegensatz zu dem des individualistischen Freikirchenthums sagt, so sind wir über das ihm vorschwebende Bild unserer kirchlichen Zukunft doch nicht völlig klar geworden. Man könnte etwa glauben, was der Herr Verfasser wolle, sei nichts anderes als eine Reform unserer bestehenden Verhältnisse, gegen die ja kein Verständiger sein kann. Es gibt wohl keine Landeskirche in Deutschland, welche nicht in den letzten 20 oder 30 Jahren irgend welchen Reformen unterworfen worden wäre, sei es nun zum Bessern oder Schlimmern. Reformbedürftig sind unsere Verfassungsverhältnisse in mehr als einem Betracht. Ueberall wo kirchliches Bewußtsein waltet, muß man über die vorhandenen Schäden nachdenken und muß man auf deren Abhülfe bedacht sein. Man darf da freilich gar sehr auf der Hut sein, daß das was zur Herstellung einer sogenannten Freiheit und Selbständigkeit der Kirche von der öffentlichen kirchlichen Meinung, daß wir uns so ausdrücken, angerathen und dargeboten wird, nicht etwa ein trügerisches Danaergeschenk ist, oder sich wohl von rein doctrinären Anschauungen aus, aber nicht von der Wirklichkeit der Verhältnisse empfiehlt. So wird von vielen Seiten mit großer Dringlichkeit die Einrichtung eines Synodalausschusses uns empfohlen; prinzipiell können wir durchaus nicht dagegen sein; ob es aber gut sei, ohne die dringendste Noth, ohne Constatirung eines wirklichen, aus der Gemeinde hervorgehenden Bedürfnisses blos im Blick auf andere Landeskirchen und das mögliche Gute, das aus diesem Institute hervorgehen könnte, auf die Einführung zu dringen, ist eine andere Frage. Aehnlich urtheilt Luthardt: Bedeutung der Lehreinheit für die luth. Kirche S. 23: „Bereits haben die Synoden hie und da durch ihre Synodalausschüsse sich einen Platz im Kirchenregiment selbst erobert. Dieß ist ein Anfang. Sind die Synoden nun wie sie sein sollen, – – dann brauchen wir nicht allzu bedenklich darüber zu sein. Aber wenn die Synoden nur auf die freie Wahl gestellt sind, dann ist damit die Kirche der Herrschaft der Parteien unterworfen und dieß