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Kirche. Und obwohl diese Kirche herrliche Kräfte in sich trägt, so wird sie doch gerade als Schutz gegen manche sektirerische Strebungen und individualistische Richtungen in der eigenen Mitte der bisherigen einheitlichen Spitze nicht gerne entbehren wollen? Wir könnten noch von sächsischen Verhältnissen reden, wie sie Zehme: Landeskirche und Freikirche S. 22 schildert, wornach das Bekenntniß auch dort bisher intakt geblieben ist; doch wir gehen auf diesem Wege nicht weiter. Wir reden von den Folgen einer versuchten Lösung unserer bisherigen Verfassungsbande.

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 Harnack verlangt für seine lutherische Freikirche als bleibende und unverrückliche Basis ihres Bestandes das gesammte Bekenntniß der lutherischen Kirche nach seinem thetischen und antithetischen Inhalt (S. 152); muß es verlangen. Auch wir halten unerschütterlich fest an dem guten Bekenntniß unserer lutherischen Kirche, wir thun es, weil wir von der Schriftgemäßheit desselben überzeugt sind, weil die Kirche eines festen Bekenntnißgrundes überhaupt bedarf, weil sie allein hiermit in klarer Continuität mit der Vergangenheit bleibt und in der Möglichkeit einer gesunden, lebenskräftigen Entwicklung für die Zukunft, weil lutherisches Bekenntniß und lutherische Art die tiefe freie Innerlichkeit des gläubigen Subjekts mit sakramentaler Objektivität, die hohe Selbständigkeit des christlichen Lebens mit offener Würdigung der Berechtigung natürlicher Lebenspotenzen in glücklicher Harmonie zu verbinden weiß, weil die lutherische Kirche mit ihrem aus tiefster Glaubenserfahrung heraus geborenen einheitlichen Bekenntniß das kräftigste Bollwerk gegen alle halbgläubigen oder offen negirenden Bestrebungen der Zeit wie der sicherste Anhalt für alle zur Wahrheit strebenden, sich selbst noch nicht kirchlich klaren Elemente ist. Eine lutherische Kirchengemeinschaft kann gerade in ihrer Mitte verschiedene Richtungen und Anschauungen vertragen, so lange sie nur nicht wider den Bekenntnißgrund selbst angehen, sie kann von ihrem festen Standort aus auch dem ferner und fernest Stehenden noch dienen, soweit er sich dienen lassen will; während die Union nur zu leicht negirend wird gegen entschiedenes Bekenntnißkirchenthum und unkräftig zum Widerstand gegen kirchenauflösende Tendenzen; ja beides in der Consequenz