Seite:Adolf von Stählin - Das landesherrliche Kirchenregiment.pdf/58

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Gemeinde von Bekennenden geworden ist; aber es handelt sich auch um den Volkskirchenkomplex, der so zusammenschwinden kann, daß der Einfluß auf das Volksleben ein weit geringerer wird, ein in jeder Beziehung verkürzter und verkümmerter sein kann. Man kann sich nicht besser über das gesammte fragliche Verhältniß äußern, als Kliefoth a. a. O. S. 50: „Die Beseitigung der landesherrlichen Kirchengewalt nämlich wäre nicht mehr noch weniger als der Verzicht unserer Kirche auf ihre bisherige Stellung als Volkskirche. Bisher ist es in den protestantischen Staaten Deutschlands so gewesen, daß der Staat in denjenigen seiner Ordnungen und Gesetze und Einrichtungen, die vorspringend auf seine ethischen Beziehungen sich richten, nach Möglichkeit denjenigen Grundsätzen sich unterstellt hatte, welche unsere Kirche aus dem Worte Gottes herausgesetzt hat, und daß eben dadurch der Kirche die Möglichkeit gegeben war, mit der Verkündigung des Evangeliums und mit der Berufung zum Glauben allen Staats- und Volksgenossen nahe zu treten, an alle Seelen des Territoriums die Frage zu stellen, ob sie durch Buße und Glauben selig werden wollen. Dieß ist es, was wir unter Volkskirche verstehen. Dieß Verhältniß zu Volk und Staat ist der Kirche vorzugsweise dadurch gewährleistet, daß der Landesherr zugleich Inhaber der Kirchengewalt ist. Wird das landesherrliche Kirchenregiment beseitigt, so wird damit auch dieses Verhältniß der Kirche zum Volk und Staat, dieser Einfluß auf das staatliche und irdische Leben aller Menschen, diese Möglichkeit mit der Verkündigung des Evangeliums an alle Seelen zu kommen, vollständig aufgegeben.“

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 Man sage nicht: es kommt ja doch über kurz oder lang zu einer Trennung von Kirche und Staat; die Kirche hat sich um dessentwillen zu rüsten und auf eine friedliche Auseinandersetzung selbst hinzuarbeiten. Ja freilich hat die Kirche sich zu rüsten; sie hat vor allem innerlich frei zu werden, „nach meiner Meinung muß alle Arbeit zunächst dahin gehen, daß wir innerlich frei und stark werden“ (von Harleß, Staat u. Kirche S. 97). Sie hat sich aber auch durch kein Schlagwort der Zeit zu voreiligen Schritten verleiten zu lassen. Ein Mann, der mit diesen Dingen durch unmittelbare