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Schule und zugleich der kirchlichen Vorbereitung auf den künftigen bürgerlichen Beruf; Bekenntniß, Gelübde und Zutritt zum Sakrament wären erst mit dem zweiten Akt, der Confirmation, zu verbinden; dieser Akt wäre aber ganz Sache der Freiwilligkeit und müßte auf „der vollen Wahrheit des mit Christo geeinigten Lebens“ ruhen.

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 Harnack berührt sich nun mit diesen Gedanken insofern, als auch er den Confirmationsakt als Sache vollkommenster Freiwilligkeit betrachtet wissen, aber keine Scheidung innerhalb der Abendmahlsgemeinde statuiren will. Offenbar sind aber Harnack’s Anschauungen von einem gewissen Schwanken nicht frei. Denn er verlangt auf der einen Seite für die Zulassung zum h. Abendmahle nur, daß einer im Glauben stehe, und dieß dadurch documentirte, daß er das populäre kirchliche Bekenntniß, den kleinen Catechismus, kennt und dasselbe frei anerkennt und bekennt (S. 129), eine Forderung, die doch mit der auch jetzt im Ganzen gültigen so ziemlich zusammenfällt, auf der andern räumt er das Abendmahlsrecht nur geistlich Mündigen, solchen die persönlich und bewußt im Glauben stehen, ein (S. 135); auf der einen Seite will er durch das Prinzip der Freiwilligkeit eine Gemeinde von Gläubigen gewinnen, auf der anderen muß er doch besorgen, daß auch diese Gemeinde nicht blos Schwache, sondern auch Heuchler in ihrer Mitte haben werde (S. 137); auf der einen Seite läßt er die kirchliche Mündigkeit mit dem Abendmahlsrecht gegeben sein, auf der anderen wird jene doch wieder durch einen besondern Akt von diesem geschieden (S. 149). Harnack’s Vorschlag steht in der Mitte zwischen dem von Wichern und Höfling-Zezschwitz; Harnack verlangt für unsere bisherige Confirmation zu viel, für Gewinnung einer wirklichen Gemeinde von Gläubigen zu wenig. Es tritt uns nun aber hier die Schwäche all der Vorschläge entgegen, welche der Kirche aushelfen wollen durch Geltendmachung des Prinzips der Freiwilligkeit. Wir verkennen nicht die vielen Gebrechen und Abnormitäten, die mit unserer bisherigen Confirmationspraxis verbunden sind; gleichwohl halten wir es für unrichtig, wenn dieselbe fort und fort als die eigentliche Quelle unserer kirchlichen Nothstände bezeichnet werden;