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welchen ein evangelisches Kirchenthum in’s Leben trat, auch für den Fortgang desselben bestimmend nachwirkten; wie dieß in der Natur jedes lebenskräftigen Anfangs liegt. Ferner würde man auf diese Weise Luthern eine Stellung zur weltlichen Obrigkeit geben, die weder seiner evangelischen Anschauung über dieselbe noch seiner eigenen Machtbefugniß ihr gegenüber irgend entspräche. Die Obrigkeit zu einem Dienste für die Kirche zu benützen, um ihr denselben alsobald wieder zu künden, ist allein von römisch-katholischen, nicht aber von evangelischen Voraussetzungen aus möglich und gerechtfertigt; nachdem die Mithülfe der Fürsten zu kirchengründender Thätigkeit provozirt war, die weitere Entwicklung der Kirche ihrem Einfluß zu entziehen und dieselbe auf andere Grundlagen zu stellen, dieß hätte auch ein Luther nicht vermocht. Es widerspricht dem aber auch alles, was uns aus den Urkunden der Visitation entgegentritt; diese bezeugen, daß man theilweise wenigstens schon an dauernde Institutionen dachte; wir erinnern an das Superintendenten-Institut. Man kann nicht mit Harnack sagen, daß dasselbe als ein dem landesherrlichen Kirchenregiment ganz unterstelltes seiner ursprünglichen Intention nicht mehr voll und befriedigend zu entsprechen vermochte; denn es war selbst erst mit der durch die Visitation begonnenen, von der Auctorität der Obrigkeit ausgehenden kirchlichen Neuordnung gegeben. Ganz besonders ist aber in’s Auge zu fassen, daß die evangelische Kirchenverfassung, wie sie vom Antrieb und der Gutheißung der Reformatoren ausging, so auch Resultat der ganzen national-politischen Entwicklung des Reiches war. Nach den dem Evangelium bereits günstigen Reichstagsabschieden vom Jahre 1523 und 1524 war man 1526 zu Speier schlüssig geworden: „In Sachen, die das Wormser Edict betreffen, werde jeder Reichsstand es halten, wie er es gegen Gott und kaiserliche Majestät zu verantworten sich getraue.“ Nicht mit Unrecht findet Ranke gerade hierin das Prinzip des evangelischen Kirchenrechts. Hieraus wurde in einer kleinen Schrift der damaligen Zeit Recht und Pflicht der Fürsten, Anordnungen über das gesammte christliche Wesen und Leben nach Maßgabe des göttlichen Wortes zu treffen, hergeleitet (Ranke, deutsche Geschichte II, 456), wie denn schon