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dem Vorwurf der ἀθεότης in Vernachlässigung des heidnischen Götter- und Dämonendienstes möglichst kumulativ zu begegnen. Er reiht die Engel aber unmittelbar dem Sohn an, weil sie, zur Obhut über die sichtbare Welt und die Menschen gesetzt, mit dem Sohne die Weltbeziehung theilen (vergl. Kahnis, Lehre v. h. Geist I, S. 241, auch Möhler, Patrologie S. 240). Von einer eigentlichen Engelanbetung ist dabei nicht die Rede (vergl. Kahnis a. a. O., Semisch, Justin d. M. II, S. 357 ff.); wohl aber hat Athenagoras ganz im gleichen Interesse der göttlichen Trias die Engel beigefügt (leg. c. 10). Justin lehrt wie Athenagoras, Origenes und Ambrosius einen Engeldienst; Origenes unter ausdrücklicher Verwahrung gegen eine Beeinträchtigung der Ehre des Allerhöchsten (c. Cels. 8, 57. 58). Die göttliche Trias ist dem Justin etwas in sich Abgeschlossenes, wie den anderen Kirchenlehrern; von ihr allein leitet er das Heil her, nicht etwa auch von den Engeln; der Sohn ist der Offenbarer und Vollstrecker des Heils; der heil. Geist erscheint als die die Heilsgeschichte durchwirkende Potenz (πνεῦμα προφητικόν), aber auch als der Träger des Heilsbestandes; er ist das Prinzip der Erleuchtung: nur der vom heil. Geist erfüllte menschliche Sinn kann Gott schauen (Dial. 3); die Christen sind mit dem heil. Geist getauft (Dial. 29), sind das aus Geist und Glauben gezeugte Geschlecht (Dial. 135). Es ist also die Behauptung unrichtig, daß Justin nicht dem heil. Geist, sondern nur dem Logos die Wiedergeburt zuschreibe (S. 144). Die Wurzel der Trinitätslehre ist die Gottheit Christi; auf diese legt Justin allen Nachdruck; überhaupt ist es durchaus der heilsgeschichtliche Weg, der Weg von unten nach oben, den er geht: der gekreuzigte Mensch Jesus ist Gott. Wenn v. E. S. 318 sagt, nach dem Dialog habe es den Anschein, als sei der heil. Geist von der Anbetung ausgeschlossen, so genügt hiegegen der Hinweis aus Joh. 17, 3 (vergl. Otto zu Dial. 65, nota 6; derselbe: Ersch u. Gr. XXX, S. 65. Anm. 26; Semisch II, 313 f. Anm. 1). Wenn Weizsäcker (a. a. O. S. 77) behauptet, es finde sich bei Justin kein Raum für eine Trinität, so hat diese Aeußerung den Schein einiger Berechtigung nur durch die so häufige Verwechslung einer spekulativen Darstellung der Trinität mit dieser selbst als heilsgeschichtlicher Wahrheit. Justin ist ohne alle Frage Zeuge für den urchristlichen Glauben an Vater, Sohn und Geist als göttliche Personen, als die drei Grundprinzipien des Heils (vergl.

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Justin der Märtyrer. Dörffling und Franke, Leipzig 1880, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Justin_der_M%C3%A4rtyrer.pdf/14&oldid=- (Version vom 1.10.2017)