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wenn wir nicht irren, v. E. ganz übersehen hat. Von einer Erleuchtung durch Christum und seine Gnade redet Justin öfters (Dial. 39. 58 u. 119). Es ist dies geradezu die Hauptfrage, ob Justin eine wirklich erleuchtende und erneuernde Gnade in biblisch-kirchlichem Sinne lehre. Ist dies erwiesen, so wird die Behauptung, daß Justin im Christenthum nur eine Vervollständigung dessen lehre, was auch auf außerchristlichen Gebieten an sittlicher Erkenntniß und sittlicher Kraft gegeben war, hinfällig. Auch Landerer hat diese Frage so ziemlich verneint, dagegen sagt Otto: „Neben der menschlichen Selbstthätigkeit, wie sie in Glaube und Buße hervortritt, erkennt J. auch die Nothwendigkeit der göttlichen Gnade zur Umwandlung (Ersch u. Gruber a. a. O. S. 73 f.).“ Lehrreich hierfür ist die Stelle Dial. 116 im Zusammenhalt von I, 50 (vergl. Kahnis, Lehre vom heil. Geist I, S. 243). Doch sehen wir uns den ganzen Justin an! Die Christen sind durch die „Kraft des unaussprechlichen Vaters“ was sie sind und nicht durch menschliche Weisheit und menschliches Wort (I, 60; II, 10). Nach v. E. ruht bei Justin aller Nachdruck ausschließlich auf Lehre und Wissen; um so bedeutsamer ist uns, was Justin dem göttlichen Worte zuschreibt. Er preist wiederholt dessen Kraft (Dial. 121, II, 10); er nennt es den Scepter der Macht Christi (I, 45). Er selbst hat seine Majestät zur Buße und Beschämung und zu süßester Erquickung erfahren (Dial. 8); es ist so süß, daß man des Todes Bitterkeit darüber vergißt (Dial. 30); das Wort ist voll des heil. Geistes, überfließend in Kraft und blühend in Gnade (Dial. 9); das Wort der Apostel hat die Welt mit der Gnade und Herrlichkeit Gottes und Christi erfüllt (Dial. 42); brennender und leuchtender als die Kräfte der Sonne ist seiner Wahrheit und Weisheit Rede und in das Innerste des Herzens und Gemüthes dringt sie (Dial. 121). Durch das Wort seiner Berufung entflammt sind wir ein wahres priesterliches Geschlecht geworden, sagt J. (Dial. 116). Wer so vom Worte redet, der ist entweder ein Rhetoriker oder er findet im Worte Gottes mehr, als die Ueberzeugungskraft, die jeder menschlichen Rede unter gewissen Voraussetzungen innewohnt, er sieht im Worte die Potenz neuen Lebens, das Organ Christi und seines Geistes, wie denn die wahre Herzensbeschneidung ebenso dem Worte (Dial. 113. 114) als Christo dem Auferstandenen selbst zugeschrieben wird (Dial. 41).

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 Am entscheidendsten für vorliegende Frage ist aber Justin’s klare

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Adolf von Stählin: Justin der Märtyrer. Dörffling und Franke, Leipzig 1880, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Justin_der_M%C3%A4rtyrer.pdf/24&oldid=- (Version vom 1.10.2017)