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und Besserung, des Glaubens an Gott und der Liebe zu ihm, oder der Werke (S. 259).“ Wir möchten aber schon das Eine hiergegen bemerken: Wenn dies der Sinn der Justin’schen Lehre ist, dann tritt er mit sich selbst in den größten Widerspruch, er streitet wider sich selbst; er will ja in dem ganzen Dialog nachweisen, daß es für Juden und Heiden jetzt und in alle Zukunft kein Heil gebe als im Glauben an Christum, daß man nur auf diesem Wege dem ewigen Feuer entrinnen könne. Das neue Gesetz, in dessen Begriff Justin das ganze Christenthum zusammenfaßt, ist eine Forderung, aber doch nicht dies allein. Bedeutsam nennt er Christum selbst den neuen Bund und das neue Gesetz. Wenn v. E. S. 257 schreibt: „Das neue Gesetz ist so einfach und beschränkt sich so sehr auf das Wesentliche, daß jeder, wenn er will, es befolgen kann“, so möchte das gerade Gegentheil den Sinn Justin’s treffen. Denn Trypho wendet Dial. 10 gegen das Christenthum ein: „Eure in dem sogenannten Ev. enthaltenen Vorschriften sind so wunderbar und groß, daß ich fürchte, es kann sie niemand halten.“ Justin muß also nachweisen, daß dies möglich sei; er thut es allerdings nicht in klarer dogmatischer Ausführung. Gleichwohl wird man als Sinn derselben angeben können, daß Christus nicht blos der Geber, sondern auch der Verwirklicher desselben sei. Nicht blos folgt dies aus der starken Betonung der Taufe als dem Bade der Wiedergeburt und den bereits angeführten Stellen, in welchen Christus klar als Prinzip eines neuen Lebens erscheint, sondern auch aus der immer neu und mit immer neuer Begeisterung vorgetragenen Schilderung der Lebenswirkungen des Christenthums, welche die Lebensmacht Christi bekunden. So lesen wir c. 11: Wenn Gott einen künftigen neuen Bund verkündigte und wenn wir sehen und uns überzeugt halten, wie durch den Namen des Gekreuzigten die Menschen von den Idolen und dem heidnischen Unwesen zu Gott sich wenden und bis zum Tode im Bekenntniß und in der wahren Religion verharren: so ist doch wohl allen aus den Werken und aus den sie begleitenden Wunderkräften klar und deutlich, daß eben Christus das neue Gesetz und der neue Bund ist. (In diesem Kapitel ist auch ausdrücklich zu lesen, daß ein Gesetz dem andern und ein Bund dem andern ein Ende mache.) C. 69 lesen wir unter Bezugnahme auf Jes. 35, 6–7: Unser Christus ist als eine Quelle des lebendigen Wassers von Gott in dem an Erkenntniß Gottes zuvor wüsten Erdreich hervorgequollen.

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Adolf von Stählin: Justin der Märtyrer. Dörffling und Franke, Leipzig 1880, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Justin_der_M%C3%A4rtyrer.pdf/31&oldid=- (Version vom 1.10.2017)