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Gottes, den Sohn Gottes schlechthin, so I, 23, 54, 63; Dial. 43, 45, 102, 103 (hier drei mal), 137 ff. Ebenso wird der Vatername wiederholt absolut gebraucht: I, 63; II, 2; Dial. 17, 43, 95, 102, 103, 119 ff. Dial. 17 lesen wir: durch seine Wunden sind wir geheilt, die wir durch ihn dem Vater uns nahen. Hier ist der Gedanke an Gottes väterliche Gesinnung und Liebe nicht abgeschnitten, sondern vielmehr unmittelbar vorausgesetzt, Dial. 103 lesen wir, daß der Vater gewollt hat, daß sein Sohn dem Leiden unsertwegen sich unterziehe; hier ist doch an das unmittelbare Vater- und Sohnesverhältniß, an den Gott und Vater unseres Herrn Jesu Christi gedacht. Justin hat doch auch das Vaterunser gekannt und gebetet. „Selbst dort“, lesen wir S. 143, „wo sich Justin direkt an die Taufformel und das Taufbekenntniß anschließt, und wo man eine „pietätvolle“ Wiedergabe des Wortlauts der Worte erwarten sollte, schiebt er seine Zusätze ein, die den Sinn des sogen. apost. Symbolums, nicht aber der kirchlichen Trinitätslehre treffen“; aber Justin nennt I, 13 gerade in diesem Zusammenhang Christum den Sohn des wahrhaftigen Gottes, und bestätigt damit die wesentliche Einheit seiner Lehre, der Lehre des Taufbekenntnisses und doch wohl auch des symb. apost. mit der kirchlichen Trinitätslehre. Den Gedankenzusammenhang v. E.’s strenge verfolgend, könnte man darauf gerathen, dem symb. apost. einen heidnischen Gottesbegriff unterzuschieben. Es ist durchaus nicht bloser Schein, daß im Dialog Gott der Vater Jesu Christi genannt werde (S. 285) und es ist eine seltsame Uebertreibung, daß der Vatername an die zwischen Gott und Mensch bestehende Kluft erinnern soll (S. 473).

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 Vom Werke Christi spricht Justin viel, geht aber allerdings auf die Lehre von demselben weniger ein. Gleichwohl können wir nicht zustimmen, wenn behauptet wird, er habe die hierauf bezüglichen Sätze einfach aus dem Sprachgebrauch der Gemeinde herübergenommen, ohne mit demselben etwas anzufangen zu wissen, er habe mit demselben nicht immer auch nur einen klaren Gedanken verknüpft (S. 184. 302). Andere haben den gerade entgegengesetzten Eindruck erhalten, daß J. tief durchdrungen sei von der Bedeutung des Todes Christi als eines erlösenden und versöhnenden (Semisch a. a. O. II, S. 418). Wie ist es psychologisch zu erklären, daß ein Mann von bedeutender Geistesbildung und begeisterter Hingabe an das Evangelium in einem hochwichtigen Punkte des Gemeindeglaubens nicht

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Adolf von Stählin: Justin der Märtyrer. Dörffling und Franke, Leipzig 1880, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Justin_der_M%C3%A4rtyrer.pdf/47&oldid=- (Version vom 1.10.2017)