Seite:Adolf von Stählin - Löhe, Thomasius, Harleß.pdf/131

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Schriftsteller auch in weiteren Kreisen bekannte Pfarrer Wucherer schrieb in ruhigeren Zeiten, die Bildung einer Freikirche wäre auch früher schlecht genug gegangen, und „Gott hat uns vor großem Jammer und Schaden behütet“. Harleß war das Werkzeug zur Abwendung dieses Schadens. Löhe sammelte sich, mehr und mehr innerlich beruhigt, für seine großartigen Schöpfungen auf dem Gebiete der barmherzigen Liebe zum größten Segen der Landeskirche, die ihm nach dieser Richtung eine gewaltige, folgenreichste Initiative verdankt. Harleß hat Löhes schöpferischem Geiste Raum geschaffen und den Boden ihm bereitet. Harleß hat die Löhe’sche Bewegung in das richtige Geleise gebracht und diese war mittelbar und unmittelbar ein lebendig mitwirkender Faktor für die von Harleß zu lösende Aufgabe.

.

 Die Opposition Löhes gegen die Landeskirche fand ihren Widerhall in der Opposition der nach Amerika gesendeten Schüler Löhes gegen ihn selbst. Es ist schwer, über letztere ein Urteil zu fällen, weil nicht leicht in kirchlichen Fragen christlicher Sinn und natürliche Pietät so auffallend verleugnet wurden, als hier. Löhe schrieb, als es mit den Missouriern zum vollsten Bruche gekommen war, einen Brief, der an großartiger, fast möchte man sagen apostolischer Fassung seines Gleichen sucht. Als Löhe starb, waren es unter anderem zwei Männer des Kirchenregiments, die den ungewönlichen Mann rühmten und ihm Denkmale zu setzen suchten. Vor allem tat es Harleß in vollster Anerkennung seiner hohen Bedeutung (in Prot. und Kirche, 1872, I, S. 133 ff.). Dagegen lese man in Hochstetters Geschichte der Missourisynode, wie jetzt noch in Amerika vielfach über Löhe geurteilt wird; in jenem Werke ist vom Rückgange Löhes im Bekenntnis, von seiner zweideutigen Stellung, welche schließlich auf Unionisterei hinauslief, die Rede; die nähere Schilderung Löhes beginnt mit den Worten: „Pfarrer Löhe war nämlich nicht bloß in ein vielgeschäftiges Werkwesen verfallen, wobei er sich die römischen Diakonisseninstitute und Krankenhäuser zum Muster nahm, auch in einer Art letzten Ölung, die er an Kranken vollzog, ein kirchliches Institut sehen wollte etc. (S. 283 ff.)“. Hier liegt ein lehrreicher

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/131&oldid=- (Version vom 31.7.2018)