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„ausschweifenden Mystizismus“; der Landrichter meinte, Löhe eigne sich vorzüglich zu einem Missionar, wolle aber die Stelle eines solchen in der Heimat übernehmen; das Konsistorium in Bayreuth gab nach und enthob ihn seiner Vikariatsstelle, jedoch nicht unter dem Titel einer Strafversetzung. Das Verfaren gegen Löhe war dadurch erleichtert, dass die Sache der sogenannten Konventikel noch nicht geregelt war. Die Angelegenheit gelangte bis an das Ministerium, und das Oberkonsistorium, in dem immer schon ein entschieden kirchlicher Geist waltete, fand Gelegenheit, sich Löhes kräftigst anzunehmen. Seine Äußerung ist höchst charakteristisch; es meinte, eine Polizeibehörde, welche nicht bloß die physischen, sondern auch die höheren Bedürfnisse und Bestimmungen des Menschen zu begreifen und zu würdigen verstehe, werde den außeramtlichen Bemühungen Löhes ihren Beifall nicht versagen; Löhe zu einem Mystiker zu stempeln, könne nur vermöge einer waren Sprachverwirrung geschehen; ebensowenig könne von Sektirerei gesprochen werden, Löhe sei gerade der eifrigste Apologet der Kirchenlehre, ein Gegner aller Neologen und Sektirer. In England habe jüngst ein Parlamentsglied sich dahin geäußert, er halte es für monströs, dass die Leute sich zu jedem weltlichen Zwecke, in welcher Zal sie nur wollten, versammeln dürften, wärend eine Versammlung von mehr als zwanzig Personen zum Zwecke der Gottesverehrung eine Gesetzesverletzung sein solle; dem Landgerichte Kirchenlamitz sei diese Reflexion nicht gekommen: „überhaupt lehrt die Geschichte der Separatisten, dass kirchlicher Separatismus und Sektirerei, welche hier besorgt werden wollen, am allerwenigsten durch die Einmischung weltlicher Behörden verhütet werden. Gewaltsame Schritte schaden der Religiosität und gleichen dem Diensteifer des Bären, welcher, um die Fliege auf der Stirne des Freundes zu töten, diese mit einem Felsstück zerschmettert“. Das Verfaren der untern Kirchenbehörden wurde gemissbilligt; rückgängig ließ sich aber die Sache nicht wol machen, auch deshalb nicht, weil der Landrichter durch eine anzügliche Stelle in einer von Löhe gehaltenen Königspredigt sich persönlich verletzt sah. Löhe hat aber schon damals zur Besserung der kirchlichen Zustände insofern beigetragen, als infolge der erwänten Hergänge die Angelegenheit

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)