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der außerordentlichen Erbauungsstunden allmählich ihrer sicheren Regelung entgegengefürt wurde.

 Besonders der Präsident des Oberkonsistoriums, der Bruder des Nürnberger Rektors, Friedrich von Roth, hat von da Löhe Liebe und Wertschätzung zugewendet. Löhe wurde alsbald reich entschädigt; er wurde Pfarrverweser bei St. Ägidien in Nürnberg. Sein dortiger Aufenthalt ist one Zweifel die Periode seiner glänzendsten und mächtigsten Wirksamkeit auf der Kanzel; Löhes Predigtgabe entfaltete sich in ihrer ganzen Fülle und kam den höheren und niederen Ständen in gleicher Weise zu gute. Die bedeutendsten Männer, Rektor Roth, Bürgermeister Merkel und andere schlossen sich an den jugendlichen Vikar an und nahmen auch an seinen Bibelstunden teil. Einmal besuchten Gymnasiasten eine der Predigten Löhes, um sie ihrer Kritik zu unterziehen; sie wurden von ihrer Macht tief getroffen und gingen nach dem Gottesdienst lautlos auseinander. Wie ein Prophet strafte Löhe die Sünde one Ansehen der Person; der Stadtmagistrat trug deshalb auf Abberufung Löhes an; das Konsistorium Ansbach wies dieses Ansinnen aber als völlig kompetenzwidrig mit aller Entschiedenheit zurück; auch der Dekan S., obwol er der älteren Schule angehörte, nahm sich Löhes mit väterlichem Wolwollen an.

 Als Löhes Zeit in Nürnberg zu Ende ging, am 30. März 1835, schrieb Professor und Ephorus Dr. Höfling in Erlangen an den Präsidenten von Roth: „Von ganz besonders wichtigem Einfluss auf die Studierenden würde es sein, wenn es möglich wäre, an die hiesige Stadtkirche einen lutherischen Prediger wie Löhe zu bringen. Davon verspräche ich mir für die praktische Bildung der jungen Theologen mehr als von allem, was sonst geschehen kann. Er hat gestern hier gepredigt und ich muss sagen, dass ich noch keinen solchen Prediger gehört habe. Das hiesige Kirchentum ist so verfallen, dass es gewiss nur ein so eminent begabter Prediger wieder heben kann“. Diesen Brief sandte Roth an den Vorstand des Konsistoriums in Ansbach mit der Bemerkung, dass ihm die Äußerung Höflings über den Kandidaten Löhe sehr beachtenswert erscheine. Das Konsistorium bestimmte Löhe zum Vikar Kraffts, der damals leidend war; dieser hatte aber bereits

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Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)