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separirt nur auf sich selber stehen können; dies hätte aber für ihn und andere one Zweifel auch seine besonderen Gefaren gehabt. Auch in dem kleinen Löheschen Kreise sprach man z. B. zur Zeit der Rosenmonate von einem drohenden Risse. Löhe ist uns gerade in der nicht immer harmonisch gearteten Vielgestaltigkeit seiner Richtung und Anschauung, seines Strebens und Wirkens, so eigentümlich es lauten mag, ein großer Apologet des Landeskirchentums, dessen Schwäche, dessen Stärke aber auch eine gewisse Weite ist.

 Die Liebe zur Landeskirche schlug bei Löhe auch immer wider überraschend durch. Das Merkwürdigste ist, dass Löhe noch mitten im brennendsten Kampfe sein treffliches Buch: „Der evangel. Geistliche“ (I. Band 1852, II. Band 1858) schrieb, in dessen Vorwort er sagt: „Der Standpunkt, von welchem aus geschrieben wurde, ist hauptsächlich der eines Landpfarrers in der Landeskirche“; Löhe hat hier tatsächlich gezeigt, dass eine kirchlich ideale Richtung sich gar wol mit dem Stehen auf dem realen Boden des Landeskirchentums verträgt. Im Jare 1856 hat Löhe von der von ihm geliebten Landeskirche, der Kirche seiner süßen Heimat gesprochen, und hat das Regiment unter Harleß ungemein gerühmt: „Ich sehe, dass eine andere Zeit gekommen ist“. Das schloss aber freilich nicht aus, dass Löhe im folgenden Jare an Harleß schrieb: „Ich habe an dieser Landeskirche keine Freude, ich finde die Prinzipien dieses Regiments insgemein papistisch“, und im Jare 1860 sich äußerte: „Ich konnte mit Händen greifen, wie wenig Verbesserung der Lage durch den Wechsel der Personen herbeigebracht werden konnte“.

 Übrigens war das Verhältnis Löhes zur Landeskirche seit der Krisis im Jare 1852 im Ganzen ein friedliches. Löhe hat zwar die Frage der Abendmalsgemeinschaft noch dreimal angeregt, im Jare 1853, 1857 und 1861. Sein Auftreten im Jare 1857 wärend der durch die Liturgie und andere Anordnungen veranlaßen Stürme war uns immer am wenigsten verständlich; Löhe wollte damals unter Lockerung des Parochialverbandes alle mit der Bewegung unzufriedenen, ihm gleichgesinnten Elemente durch Aufnahme in die Abendmalsgemeinschaft kirchlich organisiren; es

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Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/36&oldid=- (Version vom 31.7.2018)