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rühmen, ein Nachfolger A. H. Franckes oder eines anderen etwa noch größeren Geldsammlers für das Reich Gottes zu sein. Ich werde wol aussagen dürfen und müssen, dass meine Wasser im Vergleich mit denen anderer der stillen Quelle Siloah gleichen, aber in Warheit, es ist mir doch so viel durch Gott gelungen, dass ich es nicht zälen noch wägen kann, und ich bin doch auch eines von den vielen Beispielen, an denen Gott bewiesen hat, was Jesu Mutter sagte: Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lasset die Reichen leer. Ich bin ja kein Krösus und überhaupt kein Geldmensch, aber die Unterstützung des großen Gottes habe ich dennoch oft genug zu schauen bekommen. Ich möchte jedermann auf dem Wege der Barmherzigkeit vor Leichtsinn und Übermut warnen, aber auch keinen züchtigen, der in seiner Liebesarbeit seine Hoffnung und sein Vertrauen auf den reichen Gott zu setzen wagt. Es lebt noch immer der alte Gott, der die Hungrigen mit seinen Gütern füllt und die Reichen leer lässt“. Unter den 54 Diakonissenanstalten, die gegenwärtig bestehen, war die von Löhe gegründete die 18., auf die Zal der Schwestern hin angesehen, nimmt sie die dritte oder vierte Stelle ein.

 Abgesehen von dem reichen Segen, der von diesen Schöpfungen ausging und noch ausgeht, waren sie insofern für Löhe von der größten Bedeutung, als durch dieselben seine kirchlichen Ideale eine annähernde Verwirklichung fanden und sein schaffender Geist in ihnen überhaupt zur Ruhe kam. Die Fülle seiner Gaben ließ Löhe inmitten dieser Anstalten ungehemmt ausströmen; namentlich erblühte auch ein gottesdienstliches Leben in einzigartiger Schönheit und Lieblichkeit.

 Sprechen wir noch von der Persönlichkeit Löhes im engeren Sinne, so war das Eigentümliche an ihm der innige Bund eines spezifisch religiösen Lebenstypus mit einer genialen Naturanlage; die Kehrseite davon, dass Löhe ungeachtet seiner außerordentlichen Begabung weniger als andere durch die Schule der Reflexion und der theologischen Vermittlung hindurchgegangen war, gab sich in der ungebrochenen Kraft, der frischen Ursprünglichkeit, der Tiefe und Fülle kund, in der die christliche Warheit schon in dem Jüngling sich spiegelte und aus ihm oft überwältigend entgegentrat;

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/40&oldid=- (Version vom 31.7.2018)