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letzterer, „hat sie mich oft erinnert an das Wort des Psalmisten: Deine Rechte sind mein Lied in dem Hause meiner Wallfahrt“. Thomasius hat vom Elternhause das Erbe der Pflichttreue, der Gottesfurcht und einer kirchlich geprägten Frömmigkeit angetreten und dies Erbe hinübergeleitet in seine äußere und innere Lebensentwicklung, die ungeachtet der Verflochtenheit in die tiefen Gegensätze der Zeit und den Übergang vom Alten zum Neuen etwas sehr Ruhiges, Stetiges, in sich Harmonisches hatte.

 Bis zum 16. Jare hat der kenntnisreiche, in den Alten wolbewanderte Vater den Son selbst unterrichtet. Von da bis zur Universität weilte Thomasius auf dem Gymnasium in Ansbach. Mit großer Liebe nahm sich hier Christian Bomhard, ein eminenter Schulmann, Bruder der beiden Theologen Bomhard, deren Name mit der Geschichte der Erneuerung der bayerischen Landeskirche tief verwachsen ist, seiner an; Bomhards pädagogischer Blick erkannte bald des strebenden Jünglings Gabe und fürte ihn tiefer in das Reich der Geschichte und bereits auch der Philosophie ein. Thomasius blieb Bomhard trotz aller Charakterverschiedenheit für immer innigst verbunden. Von bedeutendem Einfluss war auf Thomasius auch dessen späterer Schwiegervater, Kirchenrat Lehmus, in dem von ihm am Gymnasium erteilten Religionsunterricht. Dieser merkwürdige Mann hatte sich unter eigentümlichen Kämpfen und Gärungen, nicht one Hilfe der Schellingschen Philosophie, zum evangelischen Kirchenglauben voll durchgearbeitet und besaß die Gabe persönlicher Einwirkung in hohem Maße. In der Traurede, die er Thomasius später, am 9. Juni 1830, als seinem Schwiegersone hielt, redete er ihn mit den Worten an: „mit Freuden nannte ich dich einst meinen Schüler“.

 Im Jare 1821 begann Thomasius zu Erlangen sein Universitätsstudium, setzte es nach ein und einem halben Jare in Halle fort und schloss es nach drei hier verbrachten Semestern in Berlin, wo er noch ein Jar weilte. In Erlangen war die Anregung eine geringere; am meisten verdankte Thomasius dem grundgelehrten Kirchenhistoriker Engelhardt; Kraffts Stunde war damals noch nicht gekommen. Umsomehr kann man aus Briefen an das Elternhaus wärend des Aufenthalts in Halle und Berlin das zielbewusste

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Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/50&oldid=- (Version vom 31.7.2018)