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Leute Stunden weit herkommen und nimmer wider von ihm gehen werden. Thomasius’ gesamte akademische Entwicklung ist wie harmonisch in sich selbst so die schönste Weissagung auf ihn den künftigen Theologen und Prediger.

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 Thomasius wollte, nachdem er im Jare 1825 die Universität absolvirt hatte, ursprünglich sofort dem akademischen Berufe sich widmen. Äußere Verhältnisse hinderten ihn daran; so war er zunächst auf die gewönliche Laufban eines bayerischen Kandidaten, das Vikariat und die Pfarrverwesung angewiesen. Das praktischkirchliche Amt überhaupt, das er 17 Jare lang verwaltete und innerhalb dessen er die theologische Wissenschaft, vor allem die früherkorenen Lieblingsstudien, Patristik und Dogmengeschichte, sorgsamst pflegte, wurde ihm Vorstufe und innere Zubereitung für die akademische Tätigkeit, die seiner gleichwol harrte. Der Ruf seiner trefflichen Predigtgabe fürte ihn zunächst und zwar schon im Jare 1829 von einem Dorfe zwischen Erlangen und Nürnberg in letztere Stadt. Er wurde III. Pfarrer an der Kirche zum heil. Geist, zwei Jare darauf eben dasselbe bei St. Lorenz. Das Amt eines Sonntagsnachmittagspredigers war ihm anfänglich eine Schule der Selbstverläugnung. Seine edle, ihm durchaus ebenbürtige Gattin, eine starke Seele und bewärte Kreuzträgerin, die nach langem schweren Leiden, unter dem sie sich eine bewundernswerte Geistesfrische bewart hatte, ihrem Manne einige Jare im Tode voranging, hielt seinen Mut in jener für ihn nicht leichten Zeit aufrecht. Der Kreis seiner Zuhörer mehrte sich langsam aber sicher. Angesehene Männer der Stadt, besonders der damalige Rektor des Gymnasiums und große Schulmann, Karl Ludwig Roth, die Professoren Fabri und Nägelsbach suchten bei Thomasius die Befriedigung ihres geistlichen Bedürfnisses. Roth griff dadurch bedeutsam in Thomasius Leben ein, dass er ihm den Religionsunterricht am Gymnasium übertrug. Thomasius hatte sich lange geweigert, auf Roths dringenden Wunsch einzugehen; ich kann es nicht anders – Sie müssen ihn übernehmen, sagte Roth bei einem dritten Besuch. Thomasius übernahm ihn, um Ungewönliches auf diesem Gebiet zu leisten. Er verstand die seltene Kunst, von der Höhe des klassischen Altertums aus die Jugend in das Heiligtum

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/53&oldid=- (Version vom 31.7.2018)