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 Thomasius war ein ungemein glücklicher Lehrer, er war auch ein sehr einflussreicher theologischer Schriftsteller. Wie uns in seiner Lebensentwicklung ruhige Stetigkeit entgegentritt, so in seiner wissenschaftlichen Arbeit eigentümliche Concentration, ungemeine Treue und Ausdauer. Thomasius hat früh erkannt, was sein eigentlicher Beruf sei: geschichtlich-genetische Darstellung und theologisch-wissenschaftliche Begründung des kirchlichen Lehrbegriffs, und diesem Berufe mit eifernem Fleiße ein langes Leben hindurch sich hingegeben. Noch als Vikar und Pfarrverweser begann er, das System des ersten eigentlichen Theologen unter den Kirchenvätern, Origenes, einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Das Werk erschien aber erst im Jare 1837: „Origenes. Ein Beitrag zur Dogmengeschichte des dritten Jarhunderts“. Es ist in diesem Werk der klare Grundriss der Anschauungen entworfen, welche Thomasius später auf die Durcharbeitung der gesamten Dogmengeschichte mit so viel Glück und Energie zur Anwendung gebracht hat. Wie eine Vorhersagung lautet es, wenn er im Vorwort sagt: „auch die Dogmengeschichte wird nicht eher aus der Unsicherheit und Unbedeutendheit, in der sie sich gegenwärtig noch befindet, herauskommen, als sie wider anfängt, sich der Kirche zuzuwenden und auf sichere und echt historische Prinzipien sich zu gründen“. Sein früherer Lehrer Engelhardt, mit dem Thomasius in den Jaren seiner praktischen Tätigkeit verbunden blieb, hat das Werk in den theologischen Studien und Kritiken (1838, III, S. 1030–1070) ausfürlich und sehr vorteilhaft besprochen. Er bringt am Schlusse seiner Rezension dasselbe in Zusammenhang mit Neanders kirchenhistorischen Arbeiten und meint dann: „Seine Schrift zeigt, dass er mit philosophischen Studien sich eindringend und gründlich beschäftigt, und Forschung und Darstellung beweiset den Gewinn, den er davon gezogen hat. Er hat den Vorteil eines festen und sicheren Standpunktes und der lebendigsten Teilnahme an allen Bewegungen auf dem theologischen Gebiete... Man wird die Gründlichkeit und Tüchtigkeit der Bearbeitung, das Talent der Forschung und die scharfe Bestimmtheit des Ausdruckes immer anerkennen und gestehen müssen, dass er die Untersuchungen über das dogmatische System des Origenes weiter gefürt und

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Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/57&oldid=- (Version vom 31.7.2018)