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dass er auch auf diesem Gebiete nach einer lebendigen, selbständigen Reproduktion biblisch-kirchlicher Gedanken strebte; aber seine Darstellung ist kaum von einem gewissen Schwanken zwischen der strengkirchlichen Fassung und dem Subordinatianismus freizusprechen, der, so viel Schein er auch für sich hat, doch nur eine unhaltbare, den Fortschritt zu klarer trinitarischer Lehre aufhaltende Zwischenstation nach Dorners richtigem Ausdruck ist (System der christlichen Glaubenslehre I, S. 435). Um so befriedigender ist widerum die Lehre von dem Werk Christi behandelt; die fraglichen Ausfürungen gehören uns zu dem Treffendsten, was neuester Zeit hierüber überhaupt geschrieben worden ist: unter einer tiefen Auffassung menschlicher Sünde und Schuld und einem umfassenden Eingehen in die heilsgeschichtlichen Zusammenhänge des Leidens Christi ist das Ware der Anselmschen und der altlutherischen Doktrin in den richtigen Begriff der Süne aufgenommen. Schon vor dem Erscheinen des dritten Teiles der Dogmatik, welcher das Werk des Mittlers behandelt, hat Thomasius in der Schrift: Das Bekenntnis der lutherischen Kirche von der Versönung und die Versönungslehre D. von Hofmanns (1857), sich mit diesen Fragen beschäftigt. Letztere Schrift tritt mit großer Gelehrsamkeit in mildem, irenischem Tone Hofmanns Lehre, welche ein stellvertretendes Strafleiden Christi ablehnt, entgegen, one jedoch die Warheitsmomente in ihr zu verkennen und ausdrücklich hervorzuheben, dass Hofmann auch da, wo er von dem kirchlichen Bekenntnis abweicht, von einer anderen Seite her ihm wider nahe tritt und sich selbst den Weg offen gelassen hat, um mit ihm in vollen Einklang zu kommen. Bezeichnend und sehr beifallswert ist das Wort: „mit der Berufung auf das Bekenntnis der Kirche ist es allein in dieser großen Sache nicht getan, – das letzte Wort bleibt der Schrift, über welche hinaus auch die Kirche keine höhere Autorität erkennt (S. 111).“ Mit Recht erklärt sich übrigens Steinmeyer (Geschichte der Passion des Herrn S. 18) gegen Dorners Äußerung, dass durch Hofmann die Lehre vom hohenpriesterlichen Amte Christi zwar in einige Bewegung gekommen, aber nicht mit bemerkbarem Resultate (Geschichte der protest. Theologie S. 876), wie denn andererseits auch die Behauptung Dorners

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/65&oldid=- (Version vom 31.7.2018)