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haben (Zöckler, Zeitschrift für die lutherische Theologie und Kirche, 1875, S. 551 f.)“. Der zweite Band, die Dogmengeschichte des Mittelalters und der Reformationszeit umfassend, von dem Verfasser nicht mehr ganz durchgearbeitet und erst nach seinem Tode von Plitt herausgegeben, steht nicht ganz auf der Höhe des ersten.

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 Der ausgezeichnete Lehrer und Theolog war aber auch ein vorzüglicher Prediger. Ein tiefes und gewissenhaftes Schöpfen aus der Schrift, freudiges und kräftiges Bekenntnis, eine klare, fassliche und zugleich vom Inhalte unmittelbar gehobene, poetisch durchhauchte Form charakterisirt seine Predigtweise, soweit wir sie verfolgen können. Schon die erste Predigt, die uns vorliegt, zum Jubelfest der Augsburger Konfession gehalten, bringt den evangelischen Lehrbegriff mit aller Entschiedenheit und großer Begeisterung zum Ausdruck; sie schlägt einen wirklichen Jubelton an: „Die lange schwere Zeit des Unglaubens eilt ihrem Ende entgegen, der alte Glaube hebt wider siegreich sein Haupt empor, wird wider allgemeiner anerkannt und besser gewürdigt“. Thomasius’ Predigtgabe reifte aus unter der wichtigen, einflussreichen Funktion eines Universitätspredigers, die er vom Jare 1842 bis zum Jare 1872 übte. Imponirende äußere Mittel gingen ihm ab, aber jede seiner Predigten war, wie einer seiner Schüler richtig sagte, eine aus dem Gebet geborene Geistesarbeit: einfach, tief, gesalbt. Er äußerte sich gelegentlich, nichts habe ihn tiefer in die Buße hineingetrieben, als die Predigtvorbereitung. Mit dem hieraus geborenen heiligen Ernste war aber der gewinnendste evangelische, ein warhaft seelsorgerlicher Geist verbunden. Verfehlt erschien ihm, wollte man Christengemeinden ansehen und behandeln wie Heiden: „es gibt kein verkehrteres Beginnen, als wenn Pastoren ihre Gemeinden in zwei Hälften scheiden, in eine große Rotte von Unbekehrten und in eine kleine Herde von Frommen und Gläubigen (prakt. Auslegung des Kol.-Briefs S. 3. 5)“. Die Lehre von den Gnadenmitteln, der wirksamen Gegenwart des erhöhten Christus in Wort und Sakrament, die alle umfasst, war ihm besonders teuer. Vor allem aber predigte Thomasius wie wenige in diesem Jarhundert aus dem rechtfertigenden Glauben

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 53. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/67&oldid=- (Version vom 31.7.2018)