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Seiten einer extremen Richtung, auch in der Frage der Abendmalsgemeinschaft nicht. Das schönste Denkmal hat er seiner Landeskirche und zugleich sich selbst in der Schrift: Das Wiedererwachen des evangelischen Lebens in der lutherischen Kirche Bayerns. Ein Stück süddeutscher Kirchengeschichte (1800–1840) (Erlangen 1867) gesetzt. Diese Schrift ist ein Spiegel nicht bloß seines kirchlichen Standpunktes, sondern auch seiner eigenen inneren Entwicklung. Wir möchten sagen: die Geschichte der bayerischen Landeskirche, die ruhig, organisch, unter der Konkurrenz glücklichster Umstände und edelster Kräfte verlief, und ihr Geschichtsschreiber sind ihre beste Apologie. Dass ein Mitglied der theologischen Fakultät mit solcher Wärme und Lebensfrische dieser Aufgabe sich hingab, war von um so größerer Bedeutung, je schärfer eine Weile der Gegensatz gegen die Landeskirche sich geltend gemacht hatte und je bedrohlicher der Separationsgedanke aufgetreten war. Wie sehr Thomasius unter den angedeuteten Konflikten litt, hat er im Schlusswort des genannten Werkes ergreifend dargelegt (S. 299 ff.).

 Als Thomasius von der Universitätspredigerstelle zurücktrat und bei dieser Gelegenheit auf den Antrag des Oberkonsistoriums mit dem Titel eines Geheimen Kirchenrates ausgezeichnet worden war, antwortete er unter dem 30. Januar 1873 auf die Zuschrift des Oberkonsistoriums: „Die Auszeichnung soll mir eine Ermutigung und Mahnung sein, was ich durch Gottes Gnade an Kräften besitze, ganz dem Dienst der Landeskirche, der ich mit ganzem Herzen angehöre, in meinem akademischen Lehramte zu widmen und so lange ich noch zu leben habe, dem Kirchenregimente, dessen Glaubens- und Bekenntnistreue in dieser gegenwärtigen schweren Zeit allen redlichen Gliedern der Kirche Halt und Stärkung ist, den Segen des Herrn zu erflehen“.

 Thomasius äußerer Lebensgang verlief aufs einfachste, die Stätte seines Gesamtwirkens ging über den Umkreis einiger Stunden nicht hinaus. Einen glänzenden Ruf an die Oberhofpredigerstelle in Dresden hat er abgelehnt. Wie umfassend war aber doch seine Wirksamkeit selbst! Thomasius steht vor uns als ein höchst gesegneter Lehrer, sehr einflussreicher theologischer Schriftsteller,

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/70&oldid=- (Version vom 31.7.2018)