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Theologie zu hadern, als er durch persönlichen Einfluss eines ihrer edelsten Vertreter auf den Weg gefürt worden war, auf welchem er fortan wandelte. Die Verdienste derselben hat Harleß anerkannt; in dem Vorwort zur „Theologischen Encyklopädie“ gedenkt er nur eines Theologen mit großem Danke, des ehrwürdigen K. I. Nitzsch. Harleß’ Streben und Wirken war vor allem thetisch, bauend: der beziehungsweise Gegensatz auch gegen die edlere theologische Strömung der Zeit, soferne er durch Harleß’ spezifische Richtung von selbst sich gab, war durch die innere Genesis dieser vor einseitig polemischer Geltendmachung geschützt. Jener innere Wendepunkt schuf im Zusammenhang mit der vorausgegangenen Entwickelung das geistliche und theologische Gepräge des ganzen Mannes. Wenige Theologen sind sich, nachdem sie ihren Beruf angetreten, so gleich geblieben, haben von Anfang die Prinzipien ihrer Richtung so klar erkannt und dann so beharrlich verfochten wie Harleß. Für gesundes evangelisches Christentum und ökumenisches Luthertum ist Harleß in seinem langen Leben unverbrüchlich eingetreten. Die evangelische Tiefe und kernhafte Gesundheit, die lutherischem Wesen eignen, haben ihn unter ernstestem, schmerzensreichstem Kampf und doch wider im Einklang mit seiner reich angelegten, dem echt und voll Menschlichen sympathischen Natur für dasselbe gewonnen. Es war mit den innersten Fasern seines eigenen Wesens zunehmend verwachsen. Das energischste Erfaßen der Gnadenoffenbarung der Erlösung und die freie Würdigung der Welt des Kreatürlichen begegnen sich nach lutherischem Grundtypus harmonisch auch in ihm. Merkwürdig ist zugleich, wie er schon in seinen frühesten Äußerungen fast prophetisch vor gewissen Abirrungen, die später hervortraten, ernst und nachdrücklich gewarnt hat.

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 Was Harleß als Lutheraner war und wollte, hat er selbst in der Charakterisirung eines ihm geistig und kirchlich tief walverwandten Mannes, des sel. Karl von Raumer, ungemein treffend zum Ausdruck gebracht. Die gemeinten Worte lauten: „Raumer war von ganzem Herzen und durch und durch Lutheraner. Dies aber in dem Sinne, in welchem es dem ursprünglichen Geiste des Luthertums gemäß war, die universell geschichtlichen

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/85&oldid=- (Version vom 31.7.2018)