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geistreich, nervos, scharf dialektisch, oft gehoben, pointen- und bilderreich, aber nicht gerade lichtvoll und gefällig.

 Noch im Jahre des Erscheinens ist für die Ethik ein zweiter Abdruck nötig geworden. Nichts bürgt mehr für ihren Wert, als dass das nicht leicht geschriebene Werk in unserer viellesenden und schnell vergessenden Zeit innerhalb 32 Jahren sieben Auflagen erlebt hat, obwol es von 252 allmählich auf 588 Seiten anwuchs. Nur wenigen streng wissenschaftlichen Erzeugnissen ist dies zu teil geworden. Das Werk gehört übrigens auch zu denen, welche von Anfang nicht bloß von Theologen, sondern auch von gebildeten Gemeindegliedern fleißig gelesen wurden. Harleß hat für die Bearbeitung einer lange vernachlässigten Disziplin den kräftigsten Anstoß gegeben; es gehört zu den erfreulichsten Thatsachen unserer theologischen Entwickelung, dass er viele Nachfolger, ganz besonders auf lutherischer Seite gefunden hat. Abgesehen von dem eigenartigen, sehr umfassenden und bedeutenden, aber über das ethische Gebiet vielfach hinausgreifenden Werke von Rothe wird man die ethischen Arbeiten von Harleß, Martensen und Frank für die ansprechendsten und fördernsten halten dürfen.

 Die im Jare 1836 gegen Strauß’ „Leben Jesu“ erschienene Schrift von Harleß: „Die kritische Bearbeitung des Lebens Jesu von D. F. Strauß nach ihrem wissenschaftlichen Werte beleuchtet“, interessirt uns hauptsächlich um der innigen Glaubensplerophorie willen und wegen der theologisch prinzipiellen Beurtheilung des von jenem Werke vertretenen Standpunktes. Harleß freut sich wol auf der einen Seite über das Buch, sofern man jetzt offen sehe, was lange im Hintergründe lauerte. Er trauert aber auch darüber, daß die Zahl derer eher im Wachsen als im Abnehmen ist, die ihre Seele daran setzen, dem armen deutschen Volke das teuere Kleinod des väterlichen Glaubens zu entwenden. „Wir bekennen uns“, ruft er aus, „zur evangelischen Kirche Luther’schen Bekenntnisses, als der, welche im wahren Glauben an die göttliche Offenbarung der Schrift, an den ins Fleisch gekommenen gekreuzigten und erhöhten Mittler Jesus Christus glaubt.“

 Die von Harleß vertretene Richtung schuf sich im Jare 1838 ein Organ in der von ihm selbst redigirten „Zeitschrift für Protestantismus

Empfohlene Zitierweise:
Adolf von Stählin: Löhe, Thomasius, Harleß. J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung, Leipzig 1887, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_L%C3%B6he,_Thomasius,_Harle%C3%9F.pdf/96&oldid=- (Version vom 31.7.2018)