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 Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

 Text: Röm. 1, 16. Ich schäme mich des Evangelii von Christo nicht: denn es ist eine Kraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben, die Juden vornemlich, und auch die Griechen.

 In Christo geliebte Gemeinde! Eine ernste Stunde ist heute für mich gekommen. Ich soll das letztemal in diesem ehrwürdigen Gotteshaus, das letztemal vor dir, theure Gemeinde, das Wort des Lebens verkünden. Ich halte meine Abschiedspredigt. Nur kurze Zeit war es mir vergönnt, unter euch zu wirken. Nicht nach eigener Wahl und Willkür scheide ich von euch. Ein Ruf meiner kirchlichen Obern, in dem ich nach ernster, vor Gottes Angesicht gepflogener Ueberlegung den Ruf meines Gottes erkennen zu dürfen glaube, zieht mich von dannen. Das Scheiden des Geistlichen ist immer schwer; es ist mir aber aus vielen Gründen doppelt schwer, gerade von dir, theure, geliebte Gemeinde, zu scheiden.

 Doch auch heute habe ich nicht mich zu predigen, sondern wie immer, Jesum Christum, daß er sei der Herr, wir aber eure Knechte um Jesu willen (2 Kor. 4, 5). Auch heute wollen wir unsere Gedanken sammeln in Gottes Wort. Als ich zu euch kam, da war es mir in der That eine große, innige Freude, daß sich mir von selbst als Grundlage meiner Antrittspredigt das Evangelium des Sonntags, das schöne, liebliche Evangelium vom guten Hirten anbot. Zu ihm, zu ihm, dem großen Hirten der Schafe, konnten wir damals gemeinsam uns erheben; ihn rief ich an aus tiefster Seele, daß er mir geben