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Fakultäten an. Und das Bekenntnis selbst? Es gibt kein Bekenntnis, das so umfassend und zugleich so sicher von dem Charakter eines wirklichen Bekenntnisses getragen, so entschieden und so versöhnlich und friedfertig, so echt evangelisch und so echt katholisch zugleich wäre, letzteres nach seinem allgemeinen Sinne, im Sinne der bestimmten Vertretung der allgemeinen Christenwahrheiten, das so glücklich und harmonisch das Alte mit dem Neuen verbände, die alte Wahrheit im Lichte der neuen schriftgemäßen Erkenntnis, vor allem im Lichte der Lehre von der Rechtfertigung durch den Glauben aus Gnaden um Christi willen zur Darstellung brächte wie die Augsburger Konfession. Wir stehen wahrlich, blickend auf den Tag von Augsburg, auch auf kirchengeschichtlicher Höhe und auch auf einer sonderlichen geistlichen Höhe. Gerade weil damals die religiösen Fragen mit den staatlichen so innig verflochten waren, weil unaufhörliche Bedrohungen stattfanden, gehörte großer Bekennermut dazu, festzustehen und die Sache des Evangeliums würdig und unerschüttert zu vertreten. Die evangelischen Fürsten und z. B. auch der Vertreter der Stadt Nürnberg haben damals die ernste Probe bestanden. Einer der Fürsten meinte, er wolle seinen Herrn Christus bekennen, und koste es ihn den Kurhut, der andere sagte dem Kaiser ins Angesicht, ehe er verleugne, wolle er lieber vor ihm niederknien und sich den Kopf abschlagen lassen. Die Evangelischen setzten auch durch, daß ihre Sache im Widerspruch mit dem Vorhaben der Gegner vor allen andern auf dem Reichstag verhandelt wurde, daß die Konfession nicht bloß überreicht, sondern auch vorgelesen, daß aber nicht das lateinische Exemplar, wie der Kaiser anfangs forderte, sondern das deutsche verlesen würde, da man, wie der Kurfürst von Sachsen meinte, auf deutscher Erde stehe und deshalb auch deutsch zu verhandeln habe. Und als dann die Konfession durch den kurfürstlichen Kanzler Dr. Beyer laut und kräftig in der Kapitelstube der bischöflichen Residenz zur Verlesung kam, so daß auch die im Schloßhof stehende Menge es verstand, da war, abgesehen von dem günstigen Eindruck, den dieselbe auch auf katholische Stände machte, eine große That gethan, keine bloß kirchenpolitische, sondern eine echt kirchliche, echt geistliche That. Einer hat nun für letzteren Charakter sonderlich mitgeholfen, obwohl er

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Adolf von Stählin: Philipp Melanchthon. J. A. Schlosser, Augsburg 1897, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Adolf_von_St%C3%A4hlin_-_Philipp_Melanchthon.pdf/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)