Seite:Adolf von Stählin - Predigt gehalten zur Feier des Friedensfestes.pdf/11

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

der durch die deutschen Lande flog, verjüngte es sich zu neuem Leben. Nie ward seit den ersten Zeiten in so gewaltiger Zunge das Werk des Herrn, die ewige Heilsthat in Jesu Christo, verkündigt als damals, unserem Volke und allen Völkern der Christenheit zu gute.

 Unsere Feier, Geliebte, gilt einem glorreichen Frieden. Unsere Geschichte weiß freilich auch von anderen Friedensschlüssen zu erzählen. Ein dreißigjähriger Krieg hat unser Volk einst an den Abgrund geführt; das Land zur Wüste, das Reich zur Beute der Fremden gemacht. Der Friede, der ihn endigte, ließ einen edlen Sänger rufen: Gott Lob, nun ist erschollen das edle Fried- und Freudenwort; gleichwohl hat jener unsere Schwäche und Zerrissenheit auf Jahrhunderte besiegelt. Zum Tode verwundet lag unser Volk auf dem Boden, und doch sollte es nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werk verkündigen. Das furchtbare Weh hat es nach Innen geführt; unter dem Leidensdrange ohne Gleichen ward auch sein Glaube zu wunderbarer Stärke erhoben, und strömte aus in herrlichen, den Sieg über Noth und Tod athmenden und verkündigenden Liedern. Dieselben Mächte, die unsere Brüder in Elsaß und Lothringen bei deutscher Sprache und deutscher Sitte erhielten, die deutsche Bibel, das deutsche Lied und das deutsche Erbauungsbuch, waren es, an denen unser Volk sich damals emporrankte und durch welche es sein Inneres neu befruchtete. Nach harter Winterzeit erblühte ihm ein neuer Frühling seines geistlichen und geistigen Lebens.

 Einem Sieg über den Erbfeind gilt unsere Feier, dem an Glanz kein anderer gleichkommt. Vergessen wir es aber nicht, Geliebte, wie der überwundene Feind vor nicht gar langer Zeit über uns triumphirte; daß wir in mancher Hinsicht noch tiefer gedemüthigt waren als er es nun ist. Jener dämonisch getriebene Kriegsfürst, Napoleon der erste, hatte die Staaten und Fürsten Deutschlands wie Rohrstäbe zerbrochen und ein Joch uns aufgelegt, so hart, wie wir noch keins getragen. Es schien aus zu sein mit uns, mit unserer Freiheit und unserer Eigenart. Mancher sonst Edle und Hochgesinnte verlor den Muth und hat sich vor dem Gewaltigen gebeugt. „Schüttelt nur an euren Ketten; der Mann ist euch zu groß,“ hat einer gesprochen, dessen Wort in Deutschland oft wie ein Evangelium verehrt wurde. Und doch ist der Starke gestürzt worden; doch hat Gott unser Volk, da es am tiefsten lag, wunderbar erhöht und den Doppelpreis der gewaltigen Thaten, die er an ihm gethan, der zermalmenden Gottesgerichte, unter denen das Reich seines Drängers zusammenbrach, und seiner ewigen Liebes- und Erlösungsthaten in Jesu Christo, zu denen es von Neuem anbetend aufblickte, in den Mund gegeben. Eine nationale, eine sittliche Erhebung mächtigster Art im Bunde