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mit der religiösen, von dieser getragen und beseelt, hatte der Sonnenstrahl göttlicher Gnade unter den Wettern der Trübsal im Herzen unseres Volkes geweckt. Wie haben Männer wie Stein, Arndt, Schenkendorf mit ihrer glühenden Vaterlandsliebe wahres, volles, lebendiges Christenthum verbunden, wie haben sie Gott und dem Erlöser die Ehre gegeben in Wort und Lied! Wie ließ Schenkendorf nach der Befreiungsschlacht bei Leipzig sein gewaltiges: Herr Gott dich loben wir, Herr Gott, wir danken dir, über das deutsche Vaterland brausen! Es war, was unser Volk damals erfuhr, eine herrliche Bewährung des Wortes: ich werde nicht sterben, sondern leben, und des Herrn Werk verkündigen. Gott hat uns schwer gezüchtiget, aber hat uns dem Tod nicht hingegeben, sondern zu neuem Leben auferweckt.

 O vergiß es nicht, deutsches Volk, was Gott an dir gethan; deine ganze Geschichte trieft von Gottes Liebe und Erbarmung; vergiß es jetzt am wenigsten, denn was er dir im Jahre 1870 und 1871 erwiesen, ist die Fortsetzung und Vollendung dessen, was er an dir im Jahre 1813 und 1814 gethan. Er hat dich immer wieder aus dem Staube aufgehoben, damit du seinen Ruhm, sein Werk verkündigtest. Gedenke deines hohen Berufes! Nie mögest du dich verlieren in Sinn und Streben nach Weltmacht und Weltgewinn! Bleibe ein Pfleger höherer und höchster Güter! Nie mögen die Prophetenstimmen in deiner Mitte verstummen, die im Sinn und Geist deines größten Sohnes, Luther’s, dir das ewige Evangelium verkündigen, nach oben, zu dem ewigen Gott und seinem Gesalbten dich weisen! Nie mögest du auch deines prophetischen und priesterlichen Berufes vergessen für die andern Völker, in deren Mitte dich Gott gesetzt hat, damit du ihnen zum Segen, ein Licht und Salz für sie seiest! Du sollst ihnen voranleuchten im Glauben, in der Treue, in der Zucht, im Sinne für Recht und Wahrheit. Der Lebenstag mancher von ihnen scheint sich zu neigen; deine Lebenssonne ist höher gestiegen; laß sie andern leuchten! Wenn du versinkest, versinkt die Menschheit, hat einer dir zugerufen, der in schwerer Zeit stärkend und tröstend dir zur Seite stand. Wie du deines Berufes wartest, davon hängt viel ab für die Zukunft der Welt.


III.

 Wir sagen endlich: unsere Friedensfeier sei uns eine rechte Dankfeier. Alles, was wir sagten, war gesagt zur Ehre und zum Lobe Gottes. Unsere ganze Geschichte bis auf den gegenwärtigen Höhepunkt predigt uns den wunderbaren Namen Gottes. Darum soll alles in uns auch Dank und Lob sein. „Thut mir auf die Thore der Gerechtigkeit, daß ich dahinein