Seite:Adolf von Stählin - Rede zur Einweihung der Emmerans-Kirche.pdf/12

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sein soll, im verlöschenden Uebergang in das öde, trostlose Nichts erkennen. Solche Weisheit schaut euch an und betrachtet euch überhaupt das tiefe schmerzensreiche Ringen des Menschengeistes um Güter wirklicher Befriedigung, wie er hinaufsteigt auf schwindelnde Höhen der Selbstverherrlichung und der stolzen Selbstgenüge, um nur um so jäher in die Thale gemeiner Wirklichkeit herabzustürzen und ohnmächtig allen Räthseln dieses irdischen Daseins, dem Stachel der Todesmacht und Todesfurcht gegenüberzustehen. Und von diesem Blick wendet euer Auge zu Gottes ewigem Worte, und seinem unvergeßlichen, hohen und weiten, Himmel und Erde, Zeit und Ewigkeit umfassenden Inhalt. Ihr werdet in ihm schauen eine Herrlichkeit, die alle menschliche Herrlichkeit, auch alle Herrlichkeit menschlichen Wissens und Könnens weit überragt, eine Herrlichkeit, die ein mildes Licht segnender Weihe und heiligender Verklärung über alles, was menschlich und natürlich heißt, ausgießt, und sich zugleich in ihrer Eigenart und göttlichen Ursprünglichkeit unter dem Vorübergang irdischer Größen und den wandelnden Gestalten menschlicher Weisheit behauptet, eine Herrlichkeit, die euch nicht blos rückwärts weist auf die Einzelnen und die Völker, die von ihren Strahlen durchleuchtet wurden, nicht blos vorwärts auf die Erfüllung aller Christenhoffnung, sondern die in einem höheren Frieden, in einer höheren Kraft, in einer tiefen Sättigung des Lebens, in einer wirklichen Ueberwindung der Sündenschuld und der Todesfurcht alle Tage und alle Stunden an unser aller Herzen sich bewähren will und kann. Denn des Herrn Wort, welches bleibt in Ewigkeit, ist das Wort, welches unter euch verkündigt ist. Die Kraft des göttlichen Wortes ist nichts Fernes und Jenseitiges, sie wirkt unmittelbar unter euch; jeder kann sie spüren, fassen, ergreifen, sich zueignen und erfahren. Jeder kann und soll durch dieses Wort zur tiefen, schmerzensreichen Erkenntniß seiner selbst, seiner Sünde und Schuld, aber auch zur seligen Gewißheit der Vergebung, zu fröhlicher Lebens- und Herrlichkeitshoffnung gebracht werden.

.

 In der Kraft göttlicher Wahrheit und göttlich versiegelten