Seite:Adolf von Stählin - Rede zur Einweihung der Emmerans-Kirche.pdf/4

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

bitten ihn zum Anfang für alle Zeiten, so lange dieses Haus steht, daß er nach seiner untrüglichen Verheißung auch hier, ja gerade hier Angesichts von Tod und Grab an allen, die aus- und eingehen, etwas schaffen möge zum Preise seines Namens, seiner alle Mächte der Zeit und des Todes überwindenden, zur lichten schönen Ewigkeit erhebenden Kraft und Gnade.

 Der Weiheakt schaut aber nicht blos vorwärts, sondern auch rückwärts; jeder Weiheakt ist auch ein Erinnerungsakt. Wenn eine Kirche das erste mal an ihrer Stätte steht, eine Erstlingsgemeinde ihr erstes Gotteshaus an ihr begrüßt, so ist ihre Weihefeier auch eine Erinnerungsfeier, eine Versenkung in die Vorgeschichte des Kirchleins, in all die Kämpfe und Nöthen, die vorausgegangen und nun überwunden sind, in die Wünsche und Hoffnungen, die nun eine tief erfreuende Erfüllung gefunden haben. Steht eine Kirche schon länger, hat sie nur eine neue Gestalt angenommen, so gedenkt man am Weihetag wohl all des Segens, der durch die Jahrhunderte von ihr ausgegangen ist, man faßt ihre verschiedenen Erscheinungen, da sie alterte und wieder neu wurde, in eine geschichtliche Einheit zusammen und sieht in ihrem geschichtlichen Gang das Streben und Ringen, die Freuden und Schmerzen vergangener Generationen, auch ein gut Stück der zeitlichen Entwicklung der ewigen Kirche Gottes, dieses unsichtbaren unvergänglichen Gottesbaues, verkörpert. Man sammelt am Weihefest all’ die ehrwürdigen Erinnerungen einer entronnenen Geschichte in einen Brennpunkt und legt sie als eine Weihe- und Segensgabe auf die neu erstandene Kirche für ihren weitern Bestand bis in die fernsten Zeiten.

 Nun, Geliebte, diese Kirche ist eine neue und alte zu nennen, wie nicht leicht eine andere Kirche. Sie ist auch eine neue Kirche; denn von der alten waren längst die letzten Ueberreste verschwunden, und ihr selbst wißt am besten, wie viel Sorge und Mühe ihrem jetzigen Bestande vorausgegangen ist. Es ist aber zugleich eure alte Gottesackerkirche, die hier wie von den Todten erweckt, vor euch steht und ihre lang unterbrochene Geschichte neu anhebt. Und welch eine