Seite:Adolf von Stählin - Wie Gottes Wort in der gegenwärtigen Kriegszeit uns zur Treue mahnt.pdf/11

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heißt: Du kannst hinfort nicht mehr Haushalter sein; versetze dich in die Stunde, wo der irdische Haushalterstand für immer geschlossen und die Rechenschaft der Ewigkeit hereingebrochen ist und – was bleibt dir übrig? O Geliebte, in einem Sinne, und zwar in einem gar ernsten und vollgiltigen Sinne sind wir alle ungerechte, untreue Haushalter; sind wir in einem ungeheuren Rückstand gegen die Forderung unseres Herrn; auch nützt uns Fälschung und Minderung unserer Schuld nichts; der Schuldschein ist mit den Feuerzügen der Ewigkeit in unser innerstes Herz und Gewissen hineingeschrieben. Es bleibt uns nur eins übrig, das Gebet: Herr, gehe nicht ins Gericht mit deinem Knecht, denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht.

 Geliebte in dem Herrn! Wohl uns, daß der rechten Predigt des 16. Capitels des Evangeliums Lucä die trostreiche Predigt des 15. voraus geht, die große Predigt von der suchenden, rettenden, vergebenden Gnade. In dreifacher Herrlichkeit strahlt sie uns aus den Gleichnissen vom verlorenen Schaf, vom verlorenen Groschen, vom verlorenen Sohn entgegen. Diese beiden Capitel gehören genau und innig zusammen. Das Verständniß dieses Zusammenhangs ist das Verständniß christlichen Lebens, das Verständniß auch der Treue, der rechten Christentreue.

 Gnade ist ein großes Wort. Alle Sonntage rühmen wir sie, und auch in dieser gegenwärtigen Zeit soll sie der feste Hort unseres Glaubens und Vertrauens sein. Gnade bedeckt unsere Untreue, schafft aber auch neue, wahrhaftige Treue. Den Jüngern, denen der Herr seine vergebende Liebe in’s Herz geschrieben, ruft er nun auch zu: machet euch Freunde mit dem ungerechten Mammon, auf daß, wenn ihr nun darbet, sie euch aufnehmen in die ewigen Hütten; und fordert sie damit zu heiliger Treue auf gerade in demjenigen, worin sie besondere Untreue gezeigt. Es wäre ja der trügerischste Wahn, die größte Verunglimpfung des seligen Evangeliums von Vergebung, Heil und Gnade, die Gott in Jesu Christo uns darbietet, wollte Jemand einen Augenblick zweifeln, daß das, was seinem verwundeten Gewissen Heilung und Friede bietet, auch eine neuschaffende, Leben weckende, Sünde überwindende Kraft nach Innen und Außen sein müsse. Ja es gibt keine größere Kraft als die Kraft der göttlichen Liebe und Erbarmung, die unserem Herzen einwohnt; in ihr brechen wir in tiefstem Grunde mit der Sünde, in ihr haben wir ein Pfund,