Die Sonne blendet’s nur zu bald;
Der Mond nur düster, matt und kalt
Erhellt ihm die Vergangenheit,
Und zwingt den Blick im herbsten Leid
Im – Grabe ruht.
Für all’ die Täuschung, all’ die Qual
Der Seelenkämpfe sonder Zahl,
Für all’ die welken Röslein rot,
Gieb, Vater, du nur eins zum Lohn
Dem Erdensohn:
Gieb, daß sein Geist der – Ruhe pfleg’,
Zum Fluge nicht die Schwingen reg’,
Begeisterung – erlahmen soll,
Bis er, ob Not sich endlos dehn’,
Nichts mehr ersehn’.
Gieb, daß die liederreiche Brust,
Verstumme stolz, wie Waldesnacht,
Bis sie, vom Wiederhall erwacht,
Entschweb’ im – Dämmerstunden-Traum
Zum Himmelsraum!
Trau’ nicht dem Glücke.
Trau’ nicht dem Glücke, wie hoch du gestellt bist,
Unter dich blicke; welch’ Leid in der Welt ist!
Nimmer – als Weib – ist Fortuna beständig,
Immer Veränd’rung ist ihr notwendig.
Bau’ nicht auf Schätze! Trau’ nicht dem Golde!
Trau’ nicht der Stunde: Verräter im Solde
Hält sie, nicht achtend Würde, noch Leben,
Raubt sie dir wieder, was sie gegeben.
Vor deinem - Glücke nur sich verneigen,
Die sich zu Willen immer dir zeigen,
Drehn dir den Rücken, wenn es entschwunden,
Gleichwie dein Schatten in dunkelen Stunden!
Albert Weiß: Polnische Dichtung in deutschem Gewande. Otto Hendel, Halle a. d. S. 1891, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Albert_Weiss_-_Polnische_Dichtung_in_deutschem_Gewande.pdf/63&oldid=- (Version vom 12.9.2022)