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sämmtliche Kohlengrundstücke in die Hände der Bockwaer Gemeinde zurück gelangten und nun von dieser abgebaut wurden. Indessen schien trotz aller Bemühungen doch der Kohlenindustrie gänzlicher Verfall zu drohen, zudem es fortwährend Streitigkeiten gab, welche durch die am 14. Juli 1557 vereinbarte dritte Kohlenordnung nicht ganz geschlichtet werden konnten und endlich eine am 12. August 1569 unterzeichnete vierte Kohlenordnung nöthig machten, in welcher die Reiheladung aufs Neue regulirt wurde. Aber auch diese erfuhr in Folge fortgesetzter Reibungen – welche alle ihren Grund in der gleich einem Hemmschuh wirkenden Reiheladung hatten – 1579 eine Revision, die fünfte Kohlenordnung, welche jede freie Concurrenz vollends abschnitt.

Aber trotzdem kam immer noch keine Ordnung in das Kohlenwesen. Zänkereien waren an der Tagesordnung, Unterschleife bei der Reiheladung häufig, denn wer eben an der Reihe war, suchte sie so weit als möglich auszudehnen und die zur Beaufsichtigung angestellten Beamteten zu täuschen. Uebelstände häuften sich auf Uebelstände und gründliche Abhülfe schien gar nicht möglich, da für einen beseitigten Streitpunkt stets einige andere auftauchten. Am 7. August 1583 trat eine sechste Kohlenordnung ins Leben, um am 29. Juni 1593 einer siebenten und diese am 22. Mai 1597 einer achten zu weichen.

1583 war der Kohlenabsatz der Bockwa-Hohndorfer Gewerke 159 große Wagen oder Fuder, 882 Karren und 783 Truhen.

Heinrich von Beust auf Planitz bestrebte sich besonders, den Kohlenbau auf seinem Gute zu heben, wo damals nur fünf Arbeiter – sogenannte Köhler – sich befanden. Er trieb mit Hilfe schneeberger Bergleute einen Stollen zur Entwässerung der unteren Kohlenflötze, welcher bis in die neueste Zeit unter dem Namen des planitz-bockwaer Communstollen benutzt wurde, und der dem Gründer 2000 meißnische Gulden kostete. Beust legte auch ein kostspieliges Pumpwerk an. Diesem Unternehmen folgte von Seiten der Bockwa-Hohndorfer die Anlegung des Gnaspenstollen, welcher, 1611 begonnen, 1623 vollendet dastand.

Um diese Zeit erfuhren die Kohlenpreise eine bedeutende Erhöhung, denn 1609 kostete der Wagen noch 1 meißnischen Gulden und 14 Groschen, der Karren 12 Groschen 6 Pfennige und bereits 1623 stieg der Preis für den Wagen auf 3 Gulden und für den Karren auf 1 Thaler.

Aber bei aller dieser Preiserhöhung wollte die Kohlenindustrie doch keinen Gewinn abwerfen und deshalb verkaufte der Rath von Zwickau sein Rittergut Planitz, das er seit 1618 besaß, 1623 an den Fiskus für 79,497 Gulden. Nun schien der Kohlenbau frei Athem zu schöpfen; doch gab es auch hier genug Streitigkeiten und der Fiscus wußte seinen Kohlenbau zum Nachtheil der übrigen Gewerke so zu heben, daß die planitzer Werke, welche 1623 erst 400 Thaler Reineinkommen abwarfen, bereits 1626 1436 Gulden und 12 Groschen eintrugen. Dieser Ertrag wurde dadurch erzielt, daß der Bevollmächtigte des Fiskus, Kammerrath Döring, allem Zwange und namentlich der Reiheladung entgegentrat und sich erst dann derselben unterwarf, als die übrigen Gewerke sich entschlossen, dem Rittergut Planitz das doppelte Quantum in der Reiheladung zuzugestehen. Erst nach Dörings 1640 erfolgtem Tode hörte dieses Mißverhältniß auf.

Der dreißigjährige Krieg, welcher einige Zeit – vorzüglich 1640 und 41 – diese Gegend mit zum Tummelplatz hatte, wirkte nachtheilig auf den zwickauer Kohlenbau; besonders war das Jahr 1641 für ihn unglücklich an verhängnißvollen Folgen. Im Mai genannten Jahres erschienen die Kaiserlichen unter General von Borray in dieser Gegend und die Einwohner flüchteten bei deren Annäherung ihre besten Habseligkeiten in die Schächte, welche nach Möglichkeit verwahrt wurden.

Durch Verrätherei hatten die Soldaten davon Kenntniß erhalten und suchten nach, da sie aber nichts fanden, zündeten sie aus Rache die über den Schächten erbauten Kohlhütten oder Kauen an, wodurch das Feuer auch in den achtzig Ellen tiefen, später sogenannten Rauchschacht fiel, erst die Zimmerung desselben und dann die Kohlenwände selbst ergriff. – So wurde der unterirdische Kohlenbrand neu angefacht;

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/205&oldid=- (Version vom 6.1.2019)