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kleiner Theil des Steinkohlengebirges um Zwickau aufgeschlossen ist und seiner Zeit der Steinkohlenbau selbst den ungeheuersten Kohlenbedarf Sachsens zu befriedigen im Stande sein werde, ohne daß sich eine Spur von Erschöpfung dieses unterirdischen Reichthums zeigt.

Die Gewinnung der Steinkohlen.

Ehe wir die wichtigsten Steinkohlenwerke Sachsens speciell betrachten, dürfte es vielen Lesern wohl nicht unwillkommen sein, etwas Näheres über die Gewinnung der Steinkohlen zu erfahren, sowie einen Blick auf das anscheinend so freudlose, düstre Leben des Kohlenhäuers zu werfen, welcher fern von der Sonne goldnem Strahl, bei dem einsamen Schimmer seines Grubenlichts den Schoos der Erde durchwühlt, und ihr ihre Schätze abzuringen sucht.

Ist nach erfolgten Bohrversuchen oder auch nach äußeren Anzeichen des Bodens, wie das Zutageliegen der Kohlen, ein Platz gefunden, wo man mit ziemlicher Gewißheit auf ergiebige Ausbeutung der unter der Erde verborgen liegenden Reichthümer schließen kann, so werden fürs erste die Schächte abgeteuft und diese von oben bis unten mit Fichten- oder Kieferholz ausgezimmert. Größere Schächte werden gewöhnlich ganz oder doch theilweise ausgemauert; diese Ausmauerung geht wohl vierzig bis siebenzig Ellen in die Tiefe und dann beginnt noch eine Holzauszimmerung der Art, daß sich in Zwischenräumen von je einer und einer halben Elle starke Holzkränze befinden; die Zwischenräume sind dann mit starken Bretern sorgfältig verkleidet.

Die Tiefe der Schächte richtet sich natürlich nach der Tiefe, in welcher die Kohlenflötze sich befinden; im Durchmesser sind sie gewöhnlich vierzehn Fuß lang, bis fünf Fuß breit und enthalten drei Abtheilungen. Die mittelste Abtheilung dient zum Befahren der Grube, die zweite zur Kohlenförderung und in der dritten geht das Gestänge zur Entfernung der Grubenwässer auf und nieder.

Das Befahren der Grube geschieht jetzt gewöhnlich mittelst Leitern, Fahrten genannt, auf welchen man in die Tiefe hinabsteigt. Jede Fahrt ist ohngefähr sechs Ellen lang; nach je drei Fahrten findet sich als Ruhepunkt eine Bretterbühne. – In den älteren Schächten werden hin und wieder die Arbeiter noch durch die sogenannten Haspeler an dem Grubenseil, auf dem Knittel oder Fahrholz reitend, hinabgelassen. Gegenwärtig aber werden auf einigen Werken Fahrkünste eingerichtet, wo die Arbeiter durch Maschinen in den Schacht und aus demselben hinaus befördert werden, und ihnen so das ermüdende und zeitraubende Auf- und Absteigen der Leitern erspart wird.

Der Kohlenabbau ist ein Pfeilerbau, bei welchem von dem Schacht aus in den Kohlenflötz Strecken getrieben und zur Unterstützung des Grubenbaus Pfeiler stehen gelassen werden. Ueberdies wird die Decke des Baues durch Querhölzer getragen, welche wieder durch starke, auf beiden Seiten aufgestellte Holzsäulen, die sogenannten Stempel, gestützt werden. – Diese Auszimmerung und die Instandhaltung derselben ist die Arbeit des Zimmerlings.

Gewöhnlich arbeiten zwei Häuer an einem Ort, und müssen bei dem Schein ihrer Grubenlichter ihre Arbeit oft liegend – also auf die unbequemste Art – verrichten; vorzüglich ist dieses bei dem sogenannten Schrämmen der Fall, wo der Häuer mit seinem spitzen Kohleneisen am Fuß des Kohlenstocks eine möglichst tiefe Kerbe führt. Auf das Schrämmen folgt das Schlitzen, nämlich der Häuer führt eine gleiche Kerbe an dem Kohlenstock senkrecht hinab. – Nun ist der Kohlenstock auf drei Seiten los gearbeitet, die Schwere wirkt, er sucht wieder eine feste Unterlage zu gewinnen, zerspringt und löst sich ab, wobei die Kohle knistert und prasselt, als wolle sie in Flammen ausbrechen. Aber selten wartet der Häuer, bis der Kohlenstock sich von selbst ablöst; dieses geht ihm viel zu langsam und er hilft entweder

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/210&oldid=- (Version vom 9.3.2019)