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bedient man sich öfters der kostspieligen Stollen, welche, so weit es geognostische und locale Verhältnisse gestatten, in nicht selten bedeutender Länge in das Gebirge getrieben sind. Früher, vor Anwendung der Dampfkraft, benutzte man zur Entwässerung der Gruben theils von Menschenhänden, theils von Pferden mittelst Göpel in Bewegung gesetzte Pumpen, auch mußte wohl das Wasser durch eigne Kraft sich entfernen, indem mächtige von Wasser getriebene Räder die Schöpfwerke und Pumpen in Bewegung setzten. Jetzt ist auf fast allen Gruben die Dampfkraft zur Bewältigung der Grubenwässer angewendet. – Die zu Tage gebrachten Schachtwasser werden gewöhnlich weiter benutzt, theils zur Kesselspeisung, theils zu der Kohlenwäsche.

Aber doch giebt es auch Fälle, wo sich das Wasser seine Herrschaft nicht bestreiten lassen will und mit solcher Gewalt steigt, daß die Gruben endlich ausgefüllt sind, oder nach bergmännischem Ausdruck, ersaufen. –

Die bösen Wetter oder Schwaden sind ein kohlensaures Gas, welches in allen Gruben vorkommt und sich besonders im Sommer stark aus den Kohlenflötzen entwickelt. Diese bösen Wetter häufen sich in den Gruben zu Zeiten so schnell und so massenhaft an, daß sie den Arbeitenden nicht nur das Athmen erschweren, sondern selbst einen schnellen Erstickungstod verursachen.

Noch gefährlicher ist das schlagende Wetter, einfaches Kohlenwasserstoffgas oder brennbare Luft, auch Sumpf- oder Grubengas genannt. Dieses Gas entsteht, wenn Pflanzenstoffe bei niederer Temperatur zersetzt werden und da in den Steinkohlenlagern ungeheure Massen von Pflanzenresten aufgestapelt liegen, welche einer fortwährenden Zersetzung unterworfen sind, so findet also auch in den Kohlengruben eine fortwährende Erzeugung dieses Grubengases statt. An und für sich ist dieses Grubengas farblos, in reinem Zustande auch geruchlos und verbrennt, wenn man es anzündet, mit schwach leuchtender Flamme; vermischt sich das Gas aber mit athmosphärischer Luft, so nimmt es den Character des Knallgases an, so daß es, wenn es entzündet wird, mit einer gewaltigen Explosion verbrennt. Die Annäherung mit einem brennenden Grubenlicht bewirkt diese Entzündung sehr leicht und mancher brave Bergmann hat dadurch schon sein Leben verloren; nicht selten werden die Unglücklichen so verbrannt, daß sie nicht wieder zu erkennen sind.

Noch finden sich in den Schächten andere Gasarten, welche zwar nicht tödtlich sind, aber auf die Athmungswerkzeuge mehr oder minder beschwerlich wirken. Der Bergmann nennt diese Gase schlechte Wetter.

Fortgesetzte Luftströmung reinigt die Gruben am wirksamsten von diesen schädlichen Gasarten, deshalb sind auch in größeren Gruben sogenannte Wetterschächte oder Lutten angelegt, ferner bedient man sich der Wetteröfen, die fortwährend in der Tiefe geheizt, sowie auch sonst Feuer unterhalten werden, um durch dieselben die Luftströmung zu befördern; auch der sogenannte Harzer Wettersatz wird angewendet. Gegen die schlagenden Wetter sucht sich der Bergmann durch die Sicherheitslampen, zu schützen, an denen er das Dasein jener gefährlichen Gasart erkennt. Auch die Dampfmaschine wird mit benutzt, um durch Ventile die Gruben zu reinigen. – Aber trotz aller dieser Vorsichtsmaßregeln können Unglücksfälle nicht immer verhütet werden und vorzüglich in den Sommermonaten ist die Ansammlung der Wetter in den Gruben so häufig, daß bisweilen die Arbeit wochenlang unterbrochen bleiben muß.

Der Bergmann sucht sich von dem Dasein der Wetter dadurch zu überzeugen, daß er vor dem Anfahren in die verdächtigen Gruben einen brennenden Spahn in den Schacht wirft; erlischt der Spahn, so ist Gefahr vorhanden und es muß die Luftreinigung in der Grube versucht werden. – Lange unbenutzt und verschlossen gebliebene Schächte sind vorzüglich mit solchen Wettern massenhaft gefüllt und Bergleute,

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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/214&oldid=- (Version vom 9.3.2019)