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Durch die fabrikmäßige Darstellung seines Kupferammoniums und des als Neugrün bezeichneten arsenicirten Kupferammoniums für technischen Gebrauch, gab Geitner auch die erste Veranlassung zu den substantiellen Kupferfarben, die unter dem Kurrer- oder Metallgrün in den Kattunfabriken bekannt sind. Geitner war in Deutschland auch der Erste, welcher (1819) die chromsauren Verbindungen auf thierische und vegetabilische Stoffe für farbige Erscheinungen fixirte, während fast zu gleicher Zeit dieselbe Erfindung in Frankreich durch Cassaigne gemacht wurde, die dieser in den Annalen für Chemie und Physik am 15. September 1820 der Oeffentlichkeit übergab. Geitner benutzte zu seinen Versuchen das von ihm selbst dargestellte neutrale chromsaure Kali, wodurch er in Verbindung mit essigsaurem Blei dauerhafte Farben in gelben Nuanzen erzeugte. Die Wichtigkeit dieser Erfindung bekundete der nun folgende ungeheure Verbrauch chromsaurer Salze.

Schon vorher (1815) hatte Geitner mit seiner Fabrik Lößnitz verlassen und war nach Schneeberg übergesiedelt, wo er ein passenderes und größeres Local erwarb, in welchem er die Fabrikation großartiger betreiben konnte. Außer den schon genannten Chemikalien fabrizirte er, das von ihm schon früher dargestellte Ultramarin und Ultramaringrün (Kobaltblau und Kobaltgrün), dann das liquide Ultramarin als das anerkannt vorzüglichste Bläuungsmittel für Seiden, Schaf- und Baumwolle und Leinenstoffen. Zugleich begann die Bereitung aller chemischen Präparate für Porzellan, Steingut und Glasmalerei, so wie der Glanzvergoldung auf Porzellan und diese Branche erwarb sich mit der Zeit so großen Ruf, daß es nur wenige Porzellanmalereien des In- und Auslandes geben dürfte, welche diese Farben nicht verarbeitet hätten.

Die wichtigste Erfindung Geitners ist aber die des Argentans, von späteren Concurrenten auch Neusilber genannt, welche Erfindung für den Erfinder aber bei weitem nicht so nutzbar wurde, als sie es hätte sein können, wenn Geitner mehr Kaufmann gewesen; so flossen die Hunderttausende, die er hätte gewinnen können, in die Hände seiner Concurrenten in Sachsen und Berlin. Das bei der Regierung erbetene Privilegium auf seine Erfindung wurde ihm überdieß so spät und mit solchen Einschränkungen ertheilt, daß es für ihn gänzlich werthlos war; es enthielt unter andern das Verbot, Speise- und Trinkgeschirre aus Argentan zu fertigen. Dagegen hob die preußische Regierung die unterdeß schon in Berlin entstandenen Fabriken durch die ausdrückliche Anweisung aller öffentlichen Anstalten, Speise- und Trinkgeschirr aus Argentan anzuschaffen.

1829 verlegte Geitner die Argentanfabrik nach dem von ihm erkauften Auerhammer, wo dieselbe heute noch besteht.

Ueber die durch ihn erfolgte Gründung der berühmten Treibegärtnerei haben wir schon ausführlicher gesprochen.

Die letzte Arbeit, welche Geitner unternahm, war die Verbesserung des durch ihn zuerst dargestellten, Alizarin-Liquors aus dem Krapp, mit welchem in den Kattundruckereien die krapprosenrothen Abstufungen statt des Färbens mit Krapp, Avisiren und Rosiren durch den Weg des Tafeldrucks erreicht werden sollte, worauf Frankreich eine Prämie von 30,000 Franken gesetzt hatte. Kränklichkeit, die endlich den Tod herbeiführte, unterbrach diese Arbeit. Geitner starb am 24. Oktober 1852.

Geitner trat übrigens schon frühzeitig als Schriftsteller im Felde der Chemie auf; so schrieb er schon 1806: „die Familie West, oder Unterhaltungen über die wichtigsten Gegenstände der Chemie und Technologie,“ ferner „Briefe über Chemie“ in 2 Bänden. Von 1806–1810 war er Mitarbeiter an dem Journal für Fabriken etc. und zuletzt veröffentlichte er: „Versuche über das Blaufärben ohne Indigo.“



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Diverse: Album der Sächsischen Industrie Band 1. Louis Oeser, Neusalza 1856, Seite 263. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_S%C3%A4chsischen_Industrie_Band_1.pdf/271&oldid=- (Version vom 6.1.2019)